Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

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Tag 2, 14.03.2019 – Faial und Porta da Cruz

Von Tjark Peters und Leon Schuller

Der zweite Tag der Exkursion sollte uns die Umgebung von Porto da Cruz und Faial näher bringen.

Aufschluss 1 – Miradouro do Portela
GPS: 32,745833°N, 016,826389°E
Bevor wir uns jedoch nach Porto da Cruz begaben, trafen wir uns an der Aussichtsplattform Miradouro da Portela. Zwar war das Wetter sehr bedeckt und ab und zu hatten wir leichten Nieselregen. Dies wurde allerdings durch den Ausblick, den man von Portela aus hatte, aufgewogen. Zunächst wurden wir aber in die Geologie der Umgebung eingeführt und bekamen eine kurze Zusammenfassung der Stratigraphie der Insel.

Geologischer Hintergrund – Erklärung zur Namensgebung der geologischen Einheiten:

Bis 2010 wurde die Insel in die stratigraphischen Einheiten ß1 – ß6 eingeteilt. Allerdings ergab sich die Notwendigkeit diese Einteilung zu überarbeiten, so dass Brum da Silvera und seine Kollegen 2010 ein neues System erarbeiteten. Dabei wurde die Insel in drei vulkanische Komplexe verschiedenen Alters eingeteilt, CVI (Complexo Vulcânico Inferior), CVM (Complexo Vulcânico Médio) und CVS (Complexo Vulcânico Superior). Diese drei Komplexe wurden dann ein weiteres Mal unterteilt. Im Folgenden werden die neuen Komplexe kurz vorgestellt:
CVI umfasst alle Gesteine, die ursprünglich in ß1, den basalen Komplex gehörten und beschreibt damit alle Gesteine, die älter als 5,57 Millionen Jahre (Ma) sind. Die Einheit wird in CVI1 und CVI2 unterteilt. CVI1, „Porto da Cruz Unit“ genannt, sind die älteren Gesteine der Serie und umfassen hochgradig alterierte Gesteine, submarine Laven, Hyaloklastite und große Schwärme von Dikes. Wie man am Namen bereits erkennen, kann lief uns diese Einheit an diesem Tag öfter über den Weg. CVI2, bekannt auch als „Lameiros Unit“, ist diskordant zu CVI1 abgelagert und besteht aus einer Sequenz submariner Karbonate.
Der nächst jüngere Komplex ist CVM, der ein Alter von 5,57 Ma bis 1,8 Ma umfasst. In diesen Komplex fallen ß2 – ß4. Damit beinhaltet CVM die „Main Shield Building Stage“ und die „Mature Stage“ der Insel. Der Komplex wird in 3 Untereinheiten unterteilt. Da Geologen gerne effizient arbeiten, werden diese einfach CVM1 – 3 abgekürzt. CVM1, auch „Encumeada Unit“ genannt, ist äquivalent zu dem, was ursprünglich ß2 war und fällt damit in die Main Shield Building Stage der Insel. Die Einheit ist durch Gesteine aus strombolianischen Eruptionen gekennzeichnet. Die darüber liegende Einheit beschäftigte uns auch öfter, die „Penha D´Águia Unit“ oder einfacher: CVM2. Sie charakterisiert den zweiten Teil der Main Shield Building Stage und kann mit der Einheit ß3 des alten Systems verglichen werden. In dieser Phase erhöht sich die strombolianische Aktivität der Insel nochmal und es treten Gesteine auf, die auf hawaiianische Eruptionen hinweisen. Als letzte Einheit dieses Komplexes folgt die „Curral das Feiras Unit“, bekannt auch als CVM3. Diese Einheit markiert die „Mature Phase“ der Insel und kann mit ß4 gleichgesetzt werden. Die Gesteine der Einheit wurden größtenteils durch hawaiianischen Vulkanismus gebildet.
Kommen wir abschließend zum jüngsten Komplex: CVS. Auch dieser wird wieder in zwei Einheiten unterteilt die, wie sollte es auch anders sein, CVS1 und CVS2 genannt werden. Der Komplex umfasst den Zeitraum von 1,8 Ma bis 0,007 Ma. Die ältere von beiden Einheiten ist CVS1, auch als „Lombos Unit“ bekannt, und definiert den ersten Teil der „Late Stage“ und kann mit der ehemaligen ß5-Einheit verglichen werden. Während dieser Zeit füllten die Lavaflüsse der Eruptionen die damaligen Täler. Große Vorkommen von CVS1 finden sich vor allem im westlichen Teil der Insel. Zu guter Letzt haben wir noch den zweiten Teil der „Late Stage“, CVS 2 oder auch “Funchal Unit“ genannt. Entgegen des Namen haben wir uns mit dieser Serie vorwiegend in Seixal, aber auch in Porto da Cruz, beschäftigt. Die Einheit ist äquivalent zur ß6-Einheit der alten Klassifizierung und kennzeichnet die Post-Erosions-Aktivität der Insel. Damit repräsentiert diese Einheit auch die aktuelle Geomorphologie der Insel.

Nachdem wir in der Gruppe die stratigraphischen Verhältnisse besprochen hatten, konnten wir noch den Ausblick von der Aussichtsplattform bewundern:

Der Blick Richtung Norden auf den Penha D´Águia. Im Süden und Osten ist die Stadt Porto da Cruz. Foto: Tjark Peters

Man sieht auf dem Bild den Penha D´Águia und wer aufmerksam mitgelesen hat, dem wird der Name bekannt vorkommen, denn der Adlerfelsen, wie er im Deutschen genannt wird, ist der Namensgeber für die Einheit „CVM2“. Das liegt in erster Linie daran, dass der gesamte Felsen aus Material der CVM2-Einheit besteht. Im Osten, bzw. rechts im Bild, an der Küste sieht man die Stadt Porto da Cruz, die wir ja schon als Namensgeber für die älteste Einheit der Insel kennengelernt haben. Hinter dem Penha D´Águia liegt der letzte Punkt unseres Tages: Das Dorf Faial. Wie man auf dem Bild gut sehen kann wurde das Material um den Adlerfelsen großräumig weggewittert. Der Grund dafür ist, dass es sich bei dem Material um Tuff- und Tonablagerungen handelte, die wenig verwitterungsbeständig sind.
Als wir damit fertig waren die Aussicht zu bewundern, gab es in Portela noch einen Aufschluss zu begutachten. Dieser lag einige Meter südlich an der Straße und das geologische Streichen des Aufschlusses verhielt sich Nord-Süd. Das Gestein war hellgrau mit einigen dunkelgrauen und hellbraunen Stellen. Durch Anschlagen des Gesteins stellten wir schnell fest, dass es recht tief verwittert war. Es gelang uns dennoch ein gutes Handstück zu finden. Sehr auffällig war, dass sich mehrere Knollen im Aufschluss befanden. Nach einigem Überlegen kamen wir zu dem Schluss, dass es sich bei dem Gestein um einen typischen Basalt handelte. Die bereits angesprochenen Knollen entstehen, wenn sich der Basalt beim Abkühlen zusammenzieht und sich Risse an seinen Schwächezonen bilden. Noch ein Stück weiter nach Süden und 2 – 3 Höhenmeter höher fanden wir dann noch eine Tufflage, die sich durch ihre rötliche Farbe auszeichnete. Auf den Schluss, dass es sich bei dem Gestein um einen Tuff handeln musste, kamen wir aufgrund des schwachen Zusammenhalts der Körner: Das Gestein ließ sich einfach zwischen den Fingern zerreiben. Die rote Farbe kam vermutlich durch einen hohen Aluminiumgehalt im Gestein.
Nachdem wir uns ausgiebig mit den zwei Aufschlüssen beschäftigt hatten, machten wir uns auf den Weg zur Küste von Porto da Cruz, unserer nächsten Station.

Aufschluss 2 CVI1 – Porto da Cruz, Fluss mit kleiner Brücke, tief eingeschnittenes Tal
GPS: 32.764722°N, 16.8275°E
Zumindest dachten wir, dass unser nächster Stopp die Küste von Porto da Cruz wäre, merkten aber recht schnell, wie falsch wir damit lagen, als wir irgendwo an einer kleinen Straße parkten, um einen noch kleineren Trampelpfad in ein tief eingeschnittenes Flusstal zu nehmen.

Uns wurde aber schnell deutlich, warum wir uns bei dem Nieselwetter in das Tal begaben. Das Tal war nämlich so tief eingeschnitten, dass an seinem Grund Gesteine der CVI1-Einheit aufgeschlossen waren, zusammen mit einer, sie durchschlagenden, Intrusion. Der Aufschluss hatte ein geologisches Streichen von Ost nach West und zeigte vor allem die Intrusion, die an ihren großen, gut ausgebildeten Pyroxen- und Feldspatkristallen zu erkennen war. Aufgrund der Menge dieser beiden Minerale und deren idiomorpher Ausbildung gingen wir davon aus, dass es sich bei dem Gestein um einen Gabbro handeln musste. Olivin war keiner zu finden. Da der Olivin das erosionsanfälligste der Minerale ist, die den Gabbro prägen, wurde dieser wahrscheinlich schon verwittert. Der Rest des Gesteins hingegen sah sehr unverwittert aus.
Laut C.J. Burton und J.G. MacDonald handelt es sich bei dem Gestein um einen Foid-Monzo-Gabbro, genauer gesagt um einen Essexit. Der Essexit unterscheidet sich von anderen Gabbros insofern, dass er auch natriumreichen Alkalifeldspat führt, der sich an den Rändern der Plagioklase sammelt. Ein Fundort für Essexite in Deutschland ist im Kaiserstuhl. Burton und MacDonald gehen davon aus, dass es sich hierbei um einen ehemaligen Fördergang für die Mugearitschichten handeln könnte, auf die wir an unserem nächsten Stopp treffen. Aber nicht nur der Essexit ist hier bemerkenswert, sondern auch die Gesteine der CVI1-Einhiet. Diese sind, wie bereits erwähnt, die ältesten aller aufgeschlossenen Gesteine auf der Insel und markieren die finale Phase der submarinen, vulkanischen Aktivität der Insel, bevor in der CVM1-Einheit der Oberflächenvulkanismus begann.
Am Aufschluss 2 konnte man auch eines der interessanten Phänomene der Insel beobachten: Die Wolken stauen sich, getrieben vom Nordostpassat, an den Bergen auf, sodass die Nordseite ein größtenteils bedecktes und regnerisches Klima hat. Gleichzeitig schützt die Bergkette die Südseite vor den Wolken, wodurch diese ein sehr sonniges und trockenes Klima hat. Nach diesem kurzen Zwischenstopp machten wir uns diesmal wirklich zur Küste von Porto da Cruz auf.

Station 3 – Porto da Cruz 
GPS – Aufschluss 3: 32.770907°N, 16.825889°E
GPS – Aufschluss 3.1: 32.774722°N, 16.826667°E
GPS – Aufschluss 3.2: 32.776301°N, 16,826536°E
GPS – Aufschluss 3.3: 32.775497°N, 16,827329°E

Der mittlerweile dritte Stopp brachte uns in die Stadt Port da Cruz an der Nordküste Madeiras. Porto da Cruz liegt im Bereich der CVS2-Einheit am Fuße des Penha D´Águia und damit im Bereich der jüngsten Gesteine der Insel (ca. 11 Ka). Wir parkten vor dem Museu Engenho Velho und machten uns von dort auf zum Aufschluss Nummer 3. Bei diesem handelte es sich um den Rochao Hill im Osten der Stadt. Rochao Hill ist eine etwas über 100m hohe Klippe, die über dem, nach Osten führenden, Küstenweg aufragt. Ursprünglich war die Klippe ein Hügel, allerdings kam es 2010 zu einem schweren Sturmereignis, bei dem die Tuff- und Tonsedimente im unteren Teil des Hügels weggespült wurde, woraufhin die aufliegende Mugearitschicht, eine Schicht aus feldspatreichem, basaltähnlichem Vulkanit aus dem Bereich der Trachyandesite, ebenfalls zur Hälfte wegbrach. Zum Schutz der Straße darunter wurde danach die gesamte Front der Mugearitauflage zubetoniert, so dass man vom Mugearit nichts mehr sieht. Die Klippe, also unser Aufschluss, strich, wie bereits angedeutet, von Ost nach West und bestand im unteren Teil aus dunkelbraunen und dunkelgrauen Sedimenten, auf denen die Betonwand stand hinter der sich die Mugearitschicht verbirgt. Die Sedimente hatten eine Korngröße von Ton bis Kies, waren also sehr schlecht sortiert. Die kiesgroßen Sedimente kamen meistens in dünnen Lagen vor, ebenso wie die Tonigen. Das Material, das weder ton- noch kiesgroß war, füllte den größten Teil des Aufschlusses. Zusammen mit der Schrägschichtung, die wir beobachten konnten, sprach dies für ein ruhiges, fluviatiles Ablagerungsmilieu, dass durch wiederkehrende Sturmereignisse gestört wurde, beispielsweise eine Lagune oder ein Becken. Aufgrund der Schrägschichtung konnte auch ausgeschlossen werden, dass das Material autochthon abgelagert wurde. Es musste also allochthon abgelagert worden sein. Das Ausgangsmaterial der Sedimente waren vermutlich vulkanische Asche und Bomben, die mit den Flüssen an die Küste geschwemmt wurden und als Folge der nachlassenden Strömungsgeschwindigkeit dort ablagert wurden. Die Mugearitschicht obenauf kam danach und bedeckte die Sedimente.
Am Aufschluss 3 konnte man auch eines der interessanten Phänomene der Insel beobachten: Die Wolken stauen sich, getrieben vom Nordostpassat, an den Bergen auf, sodass die Nordseite ein größtenteils bedecktes und regnerisches Klima hat. Gleichzeitig schützt die Bergkette die Südseite vor den Wolken, wodurch diese ein sehr sonniges und trockenes Klima hat.

Als wir den Aufschluss studiert und diskutiert hatten, machten wir uns auf den Weg zum Aufschluss 3.1. Dieser befand sich auf der Halbinsel Cais und setzte sich ähnlich zusammen wie der Aufschluss 3, allerdings sah man hier sehr gut, wie die verwitterungsbeständigen Tuffsedimente herausgewittert wurden und sich die Lagen aus Ton zurückgezogen hatte. Hier entstanden auch einige der besten Bilder von Schrägschichtungen und Sturmlagen. Insgesamt konnte man sieben Wechsel von Tuff und Tonlagen ausmachen. Obenauf, und diesmal tatsächlich aufgeschlossen, lag die Mugearitschicht, leicht zu erkennen an ihrer hellgrauen, fast weißen Farbe.

Wir folgten dem Weg, der um die Halbinsel führte, und fanden auf der Rückseite der Halbinsel eine weitere kleine Besonderheit (Aufschluss 3.2): Dabei handelte es sich um dünne, herausgewitterte Schichten, die senkrecht zum Schichtverlauf standen. Bei diesen rötlich-braunen, sehr festen Schichten handelte es sich um Eisenkonkretionen, die sich in Rissen im Gestein gebildet hatten. Diese Art von Konkretionen entstehen, wenn Fe2+ zu Fe3+ oxidiert. Da Wasser schneller mit Fe3+ gesättigt ist als mit Fe2+, fällt das Eisen nach der Oxidation aus und sammelt sich dann in solchen kleinen Rissen im Gestein. Das sehr erosionsbeständige Eisen verwittert trotz seiner geringen Mächtigkeit langsamer als die umliegenden Sedimente, so dass sich folgendes Bild ergibt:

Zum Abschluss unserer Halbinselumrundung nahmen wir noch einen Trampelpfad, mit dem wir auf die Mugearitschicht gehen konnten (Aufschluss 3.3). Auf dem Mugearit konnte man sehen, dass sich auch hier die basalttypischen, runden Abkühlungsformationen gebildet hatten. Bemerkenswert war allerdings, wie der Wind eine Form in diese Formationen gewittert hatte, wie man sie auch von Windschliffen in der Wüste kennt.

Abschließend nahmen wir an der Mündung des Ribeiro do Juncal in Porto da Cruz noch die ersten Wasserproben der Exkursion: Dafür wurde ein Eimer mit Wasser des Flusses gefüllt. Dieses Wasser wurde dann mit Spritzen und speziellen Filteraufsätzen (Filtergröße 0,45µm not-poisoned (np)) in zwei 50ml Fläschchen gefiltert. Wichtig war dabei, dass Spritze und Filter zuerst gereinigt wurden, indem man die Spritze mit ein wenig Flusswasser befüllt, dann den Filteraufsatz montiert und das Wasser durch den Filter drückt. Nachdem Filtern wurde das restliche Wasser mit einer Leitfähigkeits-, Sauerstoff- und einer pH-Sonde analysiert. Dazu wurden die Sonden in den Wassereimer getaucht und dann langsam im Kreis bewegt, bis sich die Werte auf dem Display nicht mehr änderten.
Da uns die Routine fehlte, passierten uns hier noch einige Fehler: Beim Ausspülen der Spritzen und der Filter wurde das Wasser wieder zurück in den Eimer gespritzt und es dauerte einige Zeit bis wir den Dreh raus hatten, mit welcher Geschwindigkeit man die Sonden bewegen sollte. Folglich ist die erste Messung weder unsere Genaueste, noch unsere Schnellste gewesen.

Skizze der Messsonden und des Messgeräts. Skizze: Tjark Peters

Probennahme MAD01Ribeiro do Juncal
Koordinaten: 32,77221°N, 016,82712°E
Wasserherkunft: Gischt, Nebel und Regen
Ursprungswasser: pH; 4-5 (ca. 4,7)
Wetter: bewölkt mit leichtem Nieselregen
Windstärke: 3 – 4 (20km/h – 30km/h)
Temperatur: 18°C, gefühlt kälter
Filter: 0,45 np
Beschreibung der Probennahmestelle: 20m – 30m oberhalb der Mündung des Ribeiro do Juncal ins Meer, sehr flaches Gewässer
Chemische Parameter:
Leitfähigkeit: 282µS/cm
pH-Wert: 8,129
Probentemperatur: 15,5°C
Sauerstoffgehalt: 9,96mg/l; Sättigung: 98,8%; Partialdruck: 209mbar
Alkalinität: Feldmessung: 1299,0 µmol/l; Labormessung: 1330,8 µmol/l

Die Leitfähigkeit ist mit 282 µS/cm die höchste, die wir in dieser Woche in Süßwässern gemessen hatten. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass wir uns direkt an der Mündung des Ribeiro do Juncal befanden und das Wasser somit viel Zeit hatte, auf seinem Weg zur Küste Ionen aus dem umliegenden Gestein zu lösen. Ein weiterer Faktor ist wahrscheinlich, dass wir uns mitten in einer Siedlung befanden und auch anthropogene Stoffe ihren Weg in das Wasser fanden. Somit ist auch die Alkalinität sehr hoch, aber auf einem Level mit der Alkalinität anderer Flussmündungen. Die Sauerstoffsättigung lag bei 98,8%, damit ist das Wasser sehr schwach untersättigt. Die meisten der Proben, die wir nahmen, waren tatsächlich sauerstoffübersättigt, die einzige andere Ausnahme ist MAD02, die auch an diesem Tag im Ort Faial genommen wurde.

Hydrologischer Hintergrund – Feldanalyse von Wasser

Eines der Ziele der Exkursion war es, die vulkanischen Gewässer der Insel näher kennenzulernen. Dafür haben wir, während unseres Aufenthaltes, mehr als ein Dutzend Proben überall auf der Insel genommen. Daher mussten zunächst einige Fragen geklärt werden:
0. Welche Parameter spielen bei der Analyse des Wassers eine Rolle? Wichtig bei der Analyse des Wassers sind die Alkalinität des Wassers, die Leitfähigkeit, der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert und die Temperatur.
1. Was ist Alkalinität? Alkalinität ist die Bilanz der Ladungskonzentration aller Ionen im Wasser. Die Ladungskonzentration wird in equivalent pro Liter [eq/l] angegeben und entspricht der Konzentration eines Ions multipliziert mit seiner Ladung. Als Beispiel: Wir haben eine Lösung mit 1 mol/l Kalzium (Ca2+), dann hat diese Lösung eine Ladungskonzentration von 2 x 1 mol/l = 2 eq/l Kalzium. Die gemessene Leitfähigkeit ist ein Indikator für die Ladungskonzentration der Ionen, denn je höher diese ist, desto höher ist auch die zu messende Leitfähigkeit. 
Bei der Berechnung der Alkalinität werden die Ladungskonzentrationen der Anionen gegen die der Kationen aufgewogen:
2[Ca2+] + 2[Mg2+] + [Na+] + [K+] + [H+] = 2[SO42-] + [Cl] + [HCO3] + 2[CO32-] + [OH]
Die Alkalinität kann auch als Ersatz für die Kohlenstoffkonzentration genutzt werden, da die Karbonationen einen exponentiell höheren Einfluss auf die Ladungskonzentration der Anionen haben als die restlichen Anionen. Daraus ergibt sich dann die sogenannte Karbonatalkalinität: Alk*= [HCO3] + 2[CO32-] + [OH] – [H+]
Dies hat den großen Vorteil, dass es wesentlich einfacher und kostengünstiger ist die Alkalinität zu messen, als die Kohlenstoffkonzentration. (* Alk = ∑Kationen – [H+])
2. Wo kommen die Ionen im Wasser her? Natrium und Chlor werden aus dem Meerwasser mit Hilfe des Niederschlages, der Gischt und des Nebels in die madeirischen Gewässer eingetragen. Das häufige Auftreten von Basalt auf der Insel erklärt die Konzentrationen von Calcium, Natrium und Magnesium. Calcium hat mit steigender Alkalinität die höchsten Konzentrationen im Wasser. Kalium spielt keine große Rolle, da der Basalt auf der Insel in der Masse keine hohen Kaliumgehalte aufweist. Der Basalt hat erhöhte Eisenwerte, diese spielen aber ebenfalls keine Rolle, da die Eisen Fe2+ Ionen sehr schnell aus dem Wasser als Fe3+ ausgefällt werden. Bei den Anionen im Wasser spielen Chlor, CO32-, HCO3 und H2CO3 eine größere Rolle. Schwefelverbindungen wie SO42- treten in keinen erhöhten Konzentrationen auf, da es dafür auf der Insel keine Quellen gibt.

Skizze der Zunahme der Kationenkonzentration mit zunehmender Alkalinität. Vorlage: Prof. Dr. Jens Hartmann, Skizze: Tjark Peters

3. Welche Rolle hat der Sauerstoff im Wasser? Der Sauerstoffgehalt des Wassers korreliert mit der Temperatur. Wenn man diese beiden Parameter gegeneinander aufträgt, erhält man eine Saturationsgrenze, welche durch organische Prozesse überschritten werden kann. So ist es möglich eine Sauerstoffsättigung über 100 Prozent zu erhalten. Diese Grenze wird unterschritten, wenn oxidative Prozesse am Werk sind. Somit ist der Sauerstoff ein Anzeiger für oxidative und organische Prozesse.

Skizze der Sauerstoffsaturationskurve. Vorlage: Prof. Dr. Jens Hartmann, Skizze: Tjark Peters

Im Anschluss wurde der grobe Kohlenstoffkreislauf besprochen. Näheres dazu findet man im Themenblog von Peter Klink. Dabei haben wir die kurzfristige Wirkung der Karbonatverwitterung im Vergleich zur langfristigen Wirkung der Silikatverwitterung diskutiert. Bei der Karbonatverwitterung kommt es nur zu einer kurzfristigen Wirkung, da das CO2 als Bikarbonat gebunden wird. Da es zu typischen Ausfällungsreaktionen im Ozean kommt, wird Kalk gebildet und das CO2 wieder freigesetzt. Es kommt also zu keinem Nettosinken des konsumierten CO2.

Vereinfachte Karbonatverwitterungsgleichung: CaCO3 + CO2 + H2O -> Ca2+ + 2HCO3 -> CaCO3 + CO2 + H2O.

Die Silikatverwitterung hingegen hat eine langfristige Auswirkung auf den Kohlenstoffkreislauf, da bei der Verwitterung von, zum Beispiel Albit, ein Nettosinken von bis zu 100 Prozent des konsumierten CO2 erreicht wird. Das hundertprozentige Nettosinken kommt zustande, da das Bikarbonat nicht mehr zu CO2 zurückreagieren kann. Dadurch ist das CO2 langfristig gebunden.

Vereinfachte Silikatverwitterungsgleichung: 2NaAlSi3O8 + 2CO2 + 11H2O -> Al2Si2O5(OH)4 + 2Na+ + 2HCO3 + 4H4SiO4 -> 2Na+ + 2HCO3 + SiO2 + 8H20

Dies ist für uns relevant, da Vulkanite, wie sie auf Madeira und bei anderen Hotspot-Komplexen zu finden sind, 5 Prozent der weltweiten Landfläche ausmachen. Ihre Wirkung auf den Kohlenstoffkreislauf durch die silikatische Verwitterung beträgt jedoch 35 Prozent.
Wir gehen noch einen Schritt weiter und betrachten den Kohlenstoffkreislauf in einem noch größeren Rahmen. Das ganze System ist gepuffert, denn je höher der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, desto wärmer wird es und mit der steigenden Temperatur erhöht sich auch die Verwitterungsrate.
Außerdem kamen wir darauf zu sprechen, dass der Erdmantel seit seiner Entstehung stetig CO2 verliert, da nur ein geringer Teil des CO2 der Gesteine zurück in den Mantel transferiert wird. Dazu muss man sich jetzt vorstellen, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre, mit zahlreichen Schwankungen, tendenziell immer weiter absinkt. Durch die zunehmende Solarradiation innerhalb der letzten vier Milliarden Jahre, um insgesamt geschätzte 25-30% , blieb das Klima auf der Erde weitgehend stabil.

Skizze Kohlenstoffdioxidabnahme in der Atmosphäre und Solarradiationszunahme im Phanerozoikum. Vorlage: Prof. Dr. Jens Hartmann, Skizze: Tjark Peters
Das Theoriestündelchen zum Thema Alkalinität; Fotograf: Dr. Thorben Amann

Aufschluss 4 – Gabbro-Intrusion bei Cruz
GPS: 32.768611°N, 16.834722°E

Der vorletzte Aufschluss des Tages befand sich südwestlich von Porto da Cruz an einer kleinen Bergstraße, etwas abseits der Caminho da Achada, in der Nähe des kleinen Ortes Cruz. Der Aufschluss strich von Südwest nach Nordost und zeigt einen weiteren Dike, ähnlich dem, auf den wir schon bei Aufschluss 2 trafen. Auch hier durchschlägt der Dike Gesteine der CVI1 Einheit und besteht, schon wie der erste, aus einem porphyrischen Gabbro. An einer Stelle des Aufschlusses war ein Brocken nahezu unverwitterter Gabbro zu finden, an dem man sehr gut die nadeligen Plagioklase erkennen konnte. Des Weiteren waren einige große Pyroxeneinsprenglinge im Gestein zu sehen. Der Rest des Aufschlusses war jedoch schon tief verwittert, zeigte eine rötlich-weiße Farbe und konnte mit den Fingern zerbröselt werden. Die Stärke der Verwitterung ist typisch für tropische und subtropische Gebiete (Burton, C.J. et al, 2008).

Station 5Miradouro do Guindaste
GPS: 32.792778°N, 16.848889°E
Erschöpft nach einem langen Tag, kamen wir schließlich beim fünften und finalen Stopp, unserer kleinen Rundreise durch die Gesteine in der Gegend um Porto da Cruz und Faial, an. Dieser befand sich in Faial, genauer genommen am Aussichtspunkt “Miradouro do Guindaste”. Das Gebiet in dem Faial liegt gehört, wie Porto da Cruz, der Serie CVS2 an. Somit ist das Gestein an dieser Lokation nur wenige tausend Jahre alt. Daher sind die Gesteine, an dieser Stelle, auch ausschließlich basaltische Laven und vulkanische Auswurfmaterialien. Das Wetter hatte mittlerweile etwas aufgeklart und so erkannte man schon von Weitem die prägenden, prismatisch ausgebildeten Basaltsäulen, die sich von Südwesten nach Nordosten zogen. Diese entstehen, wenn ein niedrig viskoser Lavafluss, basaltischer Zusammensetzung, langsam zum Stillstand kommt und dann anschließend abkühlt. Bei dem Prozess der Abkühlung zieht sich die Masse zusammen und das Gestein bricht an seinen Schwächezonen auseinander. Dadurch entstehen die vier- bis sechseckigen Basaltsäulen. Da die Lava von außen nach innen abkühlt, bilden sich außen zunächst dünne Säulen. Die Mächtigkeit der Säulen nimmt, aufgrund der langsameren Abkühlung im Inneren der Lava, mit zunehmender Tiefe, zu.

In der Nähe der Basaltsäulen befand sich der Fluss Ribeiro do Faial und natürlich wurde auch hier wieder eine Wasserprobe genommen:
Da wir mittlerweile etwas routinierter waren, dauerte die Probennahme diesmal auch nicht ganz so lange.

Probenahme am Ribeiro do Faial; Fotograf: Dr. Thorben Amann

Probennahme MAD02Ribeiro do Faial
Koordinaten: 32.791667°N, 16.849167°E
Uhrzeit: 16:45
Wasserherkunft: Gischt, Nebel und Regen
Ursprungswasser: pH; 4-5 (ca. 4,7)
Wetter: bewölkt, vorher Nieselregen
Windstärke: 3 – 4 (20km/h – 30km/h)
Temperatur: 18°C, gefühlt kälter
Filter: 0,45 np
Beschreibung der Probennahmestelle: Oberhalb der Mündung des Ribeiro do Faial ins Meer, trübes Wasser: viel Suspensionsfracht
Chemische Parameter:
Leitfähigkeit: 177,9µS/cm
pH-Wert: 8,092
Probentemperatur: 15,6°C
Sauerstoffgehalt: 10,00mg/l; Sättigung: 99,5%; Partialdruck: 210mbar
Alkalinität: Feldmessung: 1012,0 µmol/l; Labormessung: 1119,3 µmol/l

Die Leitfähigkeit ist mit 177,9 µS/cm relativ niedrig im Vergleich zu anderen Flussmündungen, die wir während unserer Probennahmen erkundet haben. Dementsprechend fällt auch die Alkalinität im Vergleich zu anderen Flussmündungen eher in den niedrigen Bereich. Allerdings ist sie, verglichen mit Wässern aus dem Inland immer noch sehr hoch. Wie schon MAD01 ist die Probe sehr schwach sauerstoffuntersättigt.
Da dies unsere ersten Messungen der Woche waren, könnten die ungewöhnlichen Werte auf einen erhöhten, menschlichen Fehler zurückgeführt werden. Des Weiteren sind zwei Messpunkte wahrscheinlich nicht repräsentativ für die gesamte Umgebung um Faial und Porto da Cruz.

Damit endete dann auch schon der zweite Tag unserer Exkursion. Nach unserem ersten richtigen Feldtag hatten wir viele Eindrücke zu verarbeiten.

QUELLENANGABE:

Burton, C.J. and MacDonald, J.G. (2008). A field guide to the Geology of Madeira. Glasgow: Geological Society of Glasgow

Burton, C.J. and MacDonald, J.G. (2018). A field guide to the Geology of Madeira Supplement 02/2018. Glasgow: Geological Society of Glasgow (https://www.geologyglasgow.org.uk/docs/017_070__madeirasuppl_2_1527087088.pdf)

Hartmann, J. (2018). Vorlesung “Basiswissen: Geochemie – essentials”. Universität Hamburg

Ramalho, R. S., A. Brum da Silveira, P. E. Fonseca, J. Madeira, M. Cosca, M. Cachao, M. M. Fonseca, and S. N. Prada (2015), The emergence of volcanic oceanic islands on a slowmoving plate: The example of Madeira Island, NE Atlantic, Geochem. Geophys. Geosyst., 16, 522–537, doi:10.1002/ 2014GC005657.

Ribeiro, M.L. and Ramalho, M.M.: „A Geological tours of the Archipelago of Madeira“. Lisbon, 2010 (https://www.google.com/url? sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwip1fnl2oHfAhUitosKHdYMAGYQFjACegQICBAC&url =http%3A%2F%2Frepositorio.lneg.pt%2Fbitstream%2F10400.9%2F1345%2F1%2F34467.pdf&usg=AOvVaw2f-vAJvt_nAxMapKYdupdO)

Van der Weijden, C.H. und Pacheco F.A.L. (2003). Hydrochemistry, weathering and weathering rates on Madeire Island. Journal of Hydrology 283 (2003) 122–145: www.elsevier.com/locate/jhydrol

Vinx R. (2015). Gesteinsbestimmung im Gelände 4. Auflage. Heidelberg: Springer-Verlag Berlin