Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

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18. März 2019

Von Inken Heinrich & Veronika Kallen

Tag 6 –  São Vicente

Punkt 1:  São Vicente Höhle & Vulkanzentrum

N 32,79763° W 017,04231°

Lava Drips an der Tunneldecke.
Foto : Veronika Kallen

Um 10:00 Uhr haben wir uns an der Höhle in São Vicente getroffen um anschließend an einer Führung durch die Basaltlavatunnel teilzunehmen. Diese sind seit 1996 für die Öffentlichkeit zugänglich, 4 Jahre hat es gedauert sie zu erkunden und auszubauen. Entdeckt wurden sie  durch die Einheimischen bereits 1885. Die Höhle besteht aus einem Netzwerk aus Tunneln, zugänglich sind ca. 750 m. Der längster Tunnel ist 1 km lang, höchste Stellen 5-6 m hoch und die niedrigste nur wenige Dezimeter.

Bei der letzten Eruption vor 6000 – 8000 Jahren floss die basanitische Pahoehoe Lava vom Eruptionszentrum der Paul de Serra herunter. Die Lava muss viskoser gewesen sein als typische Pahoehoe Lava und die Seiten, Boden und Decken kühlten schneller ab während  die Lava innerhalb weiter floss, so dass ein Tunnel entstand. Die Entstehung solcher Tunnel ist aktuell auf Hawaii zu beobachten. Ein Indiz für das Fließverhalten der Lava sind die „frozen drips“ die man an den Decken der Höhle beobachten kann.

In den Tunneln herrscht das ganze Jahr eine konstante Temperatur von  17-18°C. An einigen Stellen sind Evaporite zu erkennen. Die Salzausfällungen zeigen sich als weißer Belag, an einer Stelle sind sogar stalaktitartige Formationen zu sehen. Rot-bräunliche Verfärbungen der Höhenwände deuten hingegen auf eine Eisenoxidausfällung hin.

Im Lavatube
Foto: Thorben Amann

Nachdem wir die Höhle wieder verlassen haben, ging die Führung im Vulkanzentrum weiter. Dort wurde uns eine Vulkansimulation vorgeführt. Außerdem waren vulkanische Gesteine ausgestellt, wie Tuffe, Bomben oder pyroklastiche Brekzien, die wir jedoch größtenteils auch schon selbst  im Feld entdeckt haben. Uns wurde ein 10 minütiger Film über die Entstehung der Insel Madeira gezeigt. Dann ging es in einen Schüttelaufzug, der uns die Reise in das Innere der Erde näher bringen sollte, und uns wurde ein weiterer kurzer 3D Film über den Vulkanismus auf Madeira gezeigt.

Als wir das Vulkanismuszentrum endlich verließen, durften vier von uns nocheinmal kurz in die Höhle um zwei Wasserproben zu entnehmen, sowie die Leitfähigkeit, pH-Wert, Temperatur und Sauerstoffgehalt zu messen. Die Proben wiesen keine starken Unterschiede auf. Die relative hohe Leitfähigkeit des Wassers (242 µS/cm) trotz kurzer Fließwege, zeigt, dass es durch junges Basaltgestein geflossen ist und sich viele Ionen lösen konnten. Auf dem Weg zurück zu den Autos haben wir auch noch auf abenteuerlicheweise eine Wasserprobe am Fluß entnommen.

Entnahme für die Probe MAD 03 unter vollem Einsatz
Foto: Veronika Kallen
Messdaten der Höhlenmessung 1
Messdaten der Höhlenmessung 2
Messdaten der Probe MAD 03

Punkt 2: Korallenriff, Sitio dos Lameiros

N 32,79782° W 017,02241°

Höhlenartiger Aufschluss an der Ostflanke
Foto: Inken Heinrich

Dieser Aufschluss ist ein Widerspruch an sich. Denn bemerkenswerterweise ist hier auf einer Höhe von 475m ein Korallenriff zu finden. Enstanden ist dieses jedoch in der Seamountphase auf Meereshöhe. Es muss also eine Hebung stattgefunden haben, ob diese tatsächlich 475 m waren oder ob gleichzeitig noch ein Absinken des Meeresspiegels eine Rolle gepielt hat, ist noch unbeantwortet.

Die beiden Aufschlüsse befinden sich in einem alten Steinbruch. Zunächst schauen wir uns den Aufschluss an der Ostflanke an. Die dort zu erkennende weiße Schicht testen wir sofort mit Salzsäure, es sprudelt, also ist es wie vermutet Kalkstein. Dieser ist durchzogen von dunkleren Tonlagen. Über den Kalkschichten befindet sich ein subaerischer basaltischer Lavaflow. An der Schichtgrenze sind Peperite durch die Vermengung der beiden Schichten enstanden. Sie zeigen eine rote Verfärbung die wahrscheinlich durch Hitzeeinwirkung enstanden ist. An einzelnen Handstücken des Kalksteins sind Fossilien zu erkennen. Hierbei handelt es sich um Packstones und Grainstones, die durchzogen sind von Korallen, Bivalven und Echinodermaten. Dies erkennt man bereits auf dem ersten Blick mit der Lupe.

Handstück mit Fossilien
Foto: Veronika Kallen
Handstück mit Fossilien
Foto: Veronika Kallen

Wir laufen nun zu dem Aufschluss an der Westflanke. Zunächst fällt uns auf, dass die Kalkschichten hier höher liegen. An der rechten Seite des Aufschlusses ist eine Störung zu erkennen. Links oberhalb neben dem Aufschluss ist eine weitere Kalksteinwand zu sehen. Wir vermuten, dass das Tal eine größere Störung markiert.  Überhalb des Aufschlusses liegen wie auf der anderen Seite roter Peperite. Auch an diesem Aufschluss sind noch viele Fragen offen und eine lange und intensive Erfoschung sowie Freilegung der bewucherten Umgebung wären nötig. Wir entnehmen eine weitere Wasserprobe an einem Rinnsal im Gebüsch neben dem Aufschluss. Die vor Ort gemessenen Daten ergeben keinen signifikanten Unterschied zu den Proben in São Vicente. Auffallend ist die starke Sauerstoffsättigung. Die Temperatur ist mit 14 °C etwas geringer als die der Proben in der Höhle und im Tal ( 15 °C). Der pH-Wert ist nahezu identisch.

Messdaten der Probe MAD 04

Punkt 3: Aufschluss an der Straße

N 32,79573° W 017,02544

Aufschluss
Foto: Veronika Kallen

An diesem, nicht fest anstehenden Aufschluss gab es bereits vor wenigen Jahren geologische Untersuchungen. Durch Altersdatierungen mit der 40Ar/39Ar Methode wurde festgestellt, dass das Gestein jünger als 6 Millionen Jahre alt ist, und marin abgelagert worden sein soll.

Zu sehen ist ein grober, unsortierter Aufschluss, der sowohl Bomben als auch Komglomerate enthält. Nachdem wir ein Handstück aufgeschlagen haben, konnten wir mit der Lupe Pyroxene, Plagioklase und Feldspäte erkennen. Da die Kristalle gut zu erkennen und hypidiomorph ausgebildet sind, könnte man schon fast von plutonitischem Gestein ausgehen. Alles in allem wirft dieser Aufschluss einige Fragezeichen in den Raum, und bedarf definitiv weiterer intensiverer Unersuchungen.

Dabei sollte vorallem die eine Frage berücksichtigt werden, die die Forschung der geologische Entwicklung Madeiras so besonders macht. Die Frage nach dem Surtsey Vulkanismus. Bei der Entstehung einer vulkanischen Insel, müsste es zwischen der Seamount Phase und der subaerolischen Phase eigentlich eine Surtsey Phase geben (benannt nach Beobachtungen der 1963 neu enstandenen Insel Surtsey, 30 km südlich von Island). Diese Phase bedeuten starke, hydromagmatische und somit meist explosive Eruptionen, mit einem Schlot der in flachem Wasser lokalisiert ist. Auf Madeira hat man jedoch bis jetzt noch keine Ablagerungen, die auf einen Surtsey Vulkanismus hinweisen, gefunden. Es scheint also eine große Lücke zu geben, und vermutet wird, dass es neben der Hebung der Insel durch basale Intrusionen, auch zu einem starken Meeresspiegelabfall kam, und die Surtsey Phase somit übersprungen wurde. Hängt dieser Aufschluss möglicherweise damit zusammen?

Punkt 4: abgestürzte Straße, Veu da Noiva Wasserfall

N 32,81575 W 017,09498

abgestürzte Straße
Foto: Veronika Kallen

Durch ein erst vor wenigen Jahren ausgebautes Tunnelsystem fuhren wir mit dem Auto sicher durch die Steilen Felsen Richtung Seixal and die Nordküste der Insel.  An der Absperrung zu einer alten, abgestürzten Straße (starke Regenfälle), wartete der nächste Aufschluss auf uns. Doch erstmal genossen wir den Blick auf den imposanten Wasserfall an der Felsküste. Vor einigen Jahren konnte man die Straße zum Wasserfall noch entlang laufen, jetzt musste der Blick aus der Ferne genügen.

Dafür standen wir direkt vor einem bunten Aufschluss, der von den Touristen weitgehend ignoriert wurde. Uns fiel jedoch sofort der leuchtend rote, feinkörnige Horizont auf. Hierbei handelt es sich um einen lateritischen Verwitterungshoriont der typisch für langanhaltende und intensive Verwitterung in tropischen Gebiete ist. Eisenoxide sorgen für die rote Farbe Die rötlichen Verwitterungsmerkmale ziehen sich jedoch bis in den unteren Horizont hin. Über den Lateriten strömte jüngere Aa-Lava. Das spannende an diesem Aufschluss ist, dass der lateritische Horizont einen jüngeren und einen älteren Lava Strom voneinander trennt.

Der Aufschluss wird genauestens betrachtet. Foto: Thorben Amann
Lateritischer Horizont
Foto: Thorben Amann


Punkt 5: Hafen Seixal

N 32,82311 W 017,10258

Seixal Hafen
Foto: Veronika Kallen

Am Hafen von Seixal kann man sehr schön sehen, dass der Ort auf dem Delta eines 1200 m breiten Aa-Lava Flows gebaut wurde. Ähnlich wie die Lavatubes sind diese in der Posteruptionsphase vor circa 10.000 Jahren entstanden. Ausbruchsort war der Chão da Ribeira Cone,  knapp 4 km inlandwärts. Im Gegenzug dazu stehen die steilen, fast vertikalen Klippen die das Lava Delta umfassen. Sie sind um einiges älter (Pliozän) und verwitterungsresistenter als das Delta. Die Nordseite der Insel ist durch den Nordwestwind bekannt für eine starke Meeresströmung die zu einer intensiven Erosion führt. Am Hafen von Seixal konnten wir beobachten, wie ein Gestein vom Wasser auf und ab bewegt wurde und so nach und nach wie ein Bohrer ein Loch in den Basaltfelsen schlug.

Seixal hat einen der wenigen Sandstrände der Insel. Der Sand ist dunkelgrau und durch die Erosion des Basaltes enstanden. Am Ende des Strandes entdeckten wir einen Lava Tube, ähnlich wie die Höhlen in São Vicente entstanden durch einen Aa-Lava Strom der außen schneller abkühlte als innen. Dieser Tube wurde jedoch schon stark vom Meer erodiert. Trotzdem konnte man noch schwach die „frozen drips“ an der Decke erkennen.

Gruppe vor dem Lava Tube am Strand von Seixal.
Foto: Thorben Amann
Sandstrand Seixal
Foto: Inken Heinrich

Quellen:

Burton, C.J. and MacDonald, J.G. (2018). A field guide to the Geology of Madeira Supplement 02/2018. Glasgow: Geological Society of Glasgow (https://www.geologyglasgow.org.uk/docs/017_070__madeirasuppl_2_1527087088.pdf)

Ramalho, R. S., A. Brum da Silveira, P. E. Fonseca, J. Madeira, M. Cosca, M. Cachao, M. M. Fonseca, and S. N. Prada (2015), The emergence of volcanic oceanic islands on a slowmoving plate: The example of Madeira Island, NE Atlantic, Geochem. Geophys. Geosyst., 16, 522–537, doi:10.1002/ 2014GC005657.

Ribeiro, M.L. and Ramalho, M.M.: „A Geological tours of the Archipelago of Madeira“. Lisbon, 2010 (https://www.google.com/url? sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=3&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwip1fnl2oHfAhUitosKHdYMAGYQFjACegQICBAC&url =http%3A%2F%2Frepositorio.lneg.pt%2Fbitstream%2F10400.9%2F1345%2F1%2F34467.pdf&usg=AOvVaw2f-vAJvt_nAxMapKYdupdO)