Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

custom header picture

Plattentektonik und Vulkanismus (2019)

von Sven Gindorf

„…hier draußen Auge in Auge der Natur gegenüberstehen und seinen Scharfsinn an ihren Rätseln erproben, das gibt dem Leben einen ganz ungeahnten Inhalt“ – Alfred Wegener

Auf den Spuren Wegeners

Der begabte Wissenschaftler und Abenteurer Alfred Wegener hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Geowissenschaften zu neuer Blüte verholfen. Er hat den Trend zu immer intensiverer Aufspaltung in Teildisziplinen aufgebrochen und es gewagt über die Grenzen einzelner Disziplinen zu blicken und Erkenntnisse zu großen Bildern zusammenzusetzen. Auf den Spuren Wegeners werden wir die Vulkanlandschaft Madeiras begehen. Mit dem weiten geowissenschaftlichen Blick Wegeners wollen wir die Rätsel der Insel betrachten.

Von Pelz und Pfeife gewärmt, die Arktis im Blick: das Genie in seinem Element

Das moderne Verständnis von Vulkanismus wäre ohne die grundlegende Theorie der Kontinentverschiebung, die Wegener 1912 postuliert hat, unvorstellbar. Er hat richtig und scharfsinnig durch Zusammenführung von Ergebnissen mehrerer Disziplinen erkannt, dass die Kontinente einst in dem Superkontinent Pangäa verschmolzen gewesen und dann auseinandergebrochen sein müssen. Die antreibenden Kräfte für die Kontinentbewegung blieb allerdings ein Rätsel, was zur mehrheitlichen Ablehnung seiner Theorie führte. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde die Theorie durch neue geophysikalische Erkenntnisse von der geowissenschaftlichen Gemeinschaft weiterentwickelt und allgemein anerkannt.

Die Theorie der Plattentektonik

Weltkarte mit Plattengrenzen (rote Pfeile: divergente Plattenbewegung, orange Pfeile: konvergente Plattenbewegung) (Grafik: SERC/Carleton College)
Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist image-13.png.

Heute ist bekannt, dass sich nicht die Kontinente selbst verschieben, sondern Lithosphärenplatten, die durch Konvektionsströme im Erdmantel angetrieben werden. Aus Wegeners Theorie der Kontinentverschiebung wurde die Theorie der Plattentektonik. Die Platten bewegen sich in Größenordnungen von wenigen Zentimetern auf der zähflüssigen Asthenosphäre.

Die Lithosphärenplatten können sich in drei unterschiedlichen Regimen relativ zueinander bewegen. Bewegen sie sich voneinander weg, spricht man von divergenten Platten (a). Ist die Bewegung aufeinander zu gerichtet, werden sie als konvergente Platten (b) bezeichnet und wenn sie sich aneinander vorbei bewegen als transvergente Platten.
Je nach Bewegungsregime können unterschiedliche Formen von Vulkanismus assoziiert sein. Besonders bei divergenten Platten (konstruktiven Plattengrenzen) und konvergenten Platten (destruktiven Plattengrenzen) kommt es zu vulkanischer Aktivität. Bei transvergenten Platten (konservative Plattengrenzen) ist meist kein Vulkanismus assoziiert, jedoch treten in der Regel starke Erdbeben auf.


Vulkanismus in divergenten Regimen

Das Phänomen der Ozeanbodenspreizung wurde in den 1960er Jahren von Harry Hammond Hess erkannt und verhalf der Theorie Wegeners zur wissenschaftlichen Anerkennung. Den entscheidenden Hinweis gaben magnetische Vermessungen, welche mithilfe von Magnetostratigraphie eine Alterung der ozeanischen Kruste ausgehend vom Spreizungscenter nachweisen konnte und anzeigte, dass neue Kruste an diesen entstehen müsse.

Sea Floor Spreading (Bildquelle: Wikimedia Commons)
Ozeanbodenspreizung (Bild: Wikimedia Commons)

Hitze aus dem Erdmantel kann sich punktuell unterhalb der Lithosphäre akkumulieren, was in Aufwölbung, Dehnung und Ausdünnung resultiert. Es kommt zu Divergenz und zu eine Riftzone reißt auf. Dadurch entstehen basaltische Dekompressionsschmelzen im oberen Mantel, die große Magmakammern bilden. Mantelmaterial migriert lateral, während die Schmelze am Spreizungscenter akkumuliert. Diese Schmelzen treten an sogenannten Mittelozeanischen Rücken aus und bilden neue ozeanische Kruste. Der submarine Vulkanismus führt zu typischen lithologischen Strukturen wie Kissenbasalte oder Hyaloklastiten.

Dieser sogenannte Mid Ocean Ridge Basalt (MORB) hat eine besondere geochemische Signatur, die an allen Spreizungscentern auffällig einheitlich ist und daher häufig als Referenzkomposition für den Vergleich mit anderen Magmen verwendet wird. MORBs von unterschiedlichen Ozeanen können hinsichtlich ihrer Hauptelementkomposition gut von anderen Basalttypen unterschieden werden.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist image-15.png.

Die Signatur von Rare Earth Elements (REE) kann einen Hinweis auf die Quelle der Schmelze geben. Eine Abreicherung an inkompatiblen Elementen indiziert eine zuvor bereits aufgeschmolzene Mantelquelle und man spricht von einem N-MORB. Liegt eine Anreicherung der inkompatiblen Elemente vor, kommt die Schmelze von einer angereicherten Quelle. Es liegt ein E-MORB bzw. Plume-MORB vor, welcher von der Zusammensetzung der REE vergleichbar mit einem Ocean-Island-Basalt (OIB) ist.

Vulkanismus in konvergenten Regimen

Ist ozeanische Kruste bei einer konvergenten Bewegung involviert, kommt es zu Subduktionszonen. Trifft ozeanische auf ozeanische Kruste, wird die ältere und dichtere Platte subduziert und es entsteht ein Inselbogen, wie zum Beispiel die Aleuten oder die Karibik.
Bei Zusammentreffen ozeanischer und kontinentaler Kruste entstehen aktive Kontinentalränder, wie beispielsweise die Anden oder die Kaskaden.

Schematische Darstellung eines Inselbogens (links) und eines aktiven Kontinentalrandes (rechts) (Bild: quora.com)

Der Einfallswinkel der subduzierten Platte ist eine wichtige Einflussgröße für die assoziierte vulkanische Aktivität. Bei steilem Einfallen entsteht ein kontinentaler Vulkanbogen, wohingegen bei flachem Einfallen lediglich eine Gebirgsfront entsteht. Weitere Einflussgrößen auf die magmatische Aktivität von Subduktionszonen sind das Alter/ die Temperatur der subduzierten Platte, die Subduktionsrate, das Alter der Subduktionszone, sowie der Fluss im Mantelkeil.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist image-16.png.
Die vulkanische Aktivität des Bogens hängt von dem Einfallswinkel ab.
Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist image-17.png.

Die Anzahl an aktiven Vulkanen, sowie die Geochemie der Magmen ist abhängig von der Entfernung zur Tiefseerinne. Mit zunehmender Entfernung ändert sich die Geochemie der Magmen von Tholeiitisch über Calc-Alkalisch, bis hin zu Alkalisch, wobei die meisten Vulkane mit einer Komposition zwischen Toleiitich und Calc-Alkalisch zu finden sind.

Intraplatten-Vulkanismus

Zwar stehen weltweit die meisten Vulkane im Zusammenhang mit konvergenten oder divergenten Plattengrenzen, so kommt Vulkanismus jedoch auch innerhalb von Platten vor. Temperaturanomalien aus dem Erdkern sorgen für aufsteigende Plumes und sogenannte Hot Spots, die über viele Millionen Jahre stationär sein können. Je nachdem, ob die Hot Spots auf ozeanischer oder auf kontinentaler Kruste auftreten spricht man von Ozeanischen Inselbasalten oder von Flutbasalten. Da sich die Platten aufgrund der Plattentektonik weiterbewegen und der Hot Spot stationär bleibt, entstehen neue Vulkanische Zentren im Verlaufe der Zeit. Im Pazifik zeugt die 4000 km lange Kette aus Emperor Sea-mounts, Midway-Inseln und Hawaii-Inseln von 70 Millionen Jahren Hot Spot-Aktivität mit nach Westen driftender Platte.

Die zusammenhängende Emperor-Hawaii-Kette zeugen von 70 Millionen Jahren Hotspot Aktivität (Torsvik et al., 2017)

Antreibende Kräfte

Während für den Geowissenschaftler der allgemeine Antrieb das Interesse an der Natur und ihren Rätseln ist, so sind zusammenfassend betrachtet Temperaturanomalien aus dem äußeren Erdkern, welche als Plumes aufsteigen, der treibende Motor für Plattentektonik und Vulkanismus. Diese führen zur Mantelkonvektion, zum Rifting, zur Meeresbodenspreizung und somit indirekt ebenso zur Subduktion. Darüber hinaus sind Plumes direkt für Intraplatten-Vulkanismus verantwortlich.
Welche Geheimnisse und Besonderheiten diese Form von Vulkanismus mit sich bringt, werden wir während unserer Exkursion „Auge in Auge“ erfahren können…

Quellen

Torsvik, T. H., Doubrovine, P. V., Steinberger, B., Gaina, C., Spakman, W., & Domeier, M. (2017). Pacific plate motion change caused the Hawaiian-Emperor Bend. Nature communications, 8, 15660.

Wegener, A. (1912). Die entstehung der kontinente. Geologische Rundschau, 3(4), 276-292.

John, Winter. An introduction to igneous and metamorphic petrology. No. 552.1 W 784552.1 W 784552.1 W 784552.1 W 784. 2001.

https://www.eskp.de/grundlagen/naturgefahren/plattentektonik-und-vulkanismus (aufgerufen am 25.02.2019)

http://www.vulkane.net/earthview/plattentektonik.html (aufgerufen am 25.02.2019)

https://www.vulkankultour.de/vulkanismus/1-wie-entstehen-vulkane (aufgerufen am 25.02.2019)