Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

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Vulkane und der Klimawandel (2019)

Vulkane haben einen Einfluss auf das Klima. Das ist keine neue Erkenntnis und meist auch für Laien nachvollziehbar. Dennoch sind die Zusammenhänge komplexer als vermutet und Ereignisse in der Vergangenheit schwer nachzuweisen. Und noch lange nicht komplett erforscht.

Abb. 1: “The Eruption of Vesuvius as seen from Naples, October 1822” published by V. Day & Son

Um vergangene Vulkanereignisse rekonstruieren zu können, gibt es verschiedene Methoden. Am beliebtesten sind Untersuchungen von Schwefelsäureanreicherungen in Eisbohrkernen. Diese sind jedoch schwer zu datieren und die Ergebnisse sollten möglichst mit 14C-datierten Tephraablagerungen, historischen Berichten oder ökometrischen Baumringanalsysen übereinstimmen um eine Korellation mit großen Vulkaneruptionen nachweisen zu können.

Vulkane sind Alleskönner

So fand man heraus, dass einzelne, große Eruptionen (VEI7) wie die des Tamboras in Indonesien im Jahr 1815 zu einer globalen Temperaturverringerung führen können. Der damalige, sogenannte „vulkanische Winter“  sorgte für Ernteausfälle und Hungersnöte in Nordamerika und Europa.  Im Gegenzug führten jedoch lang andauernde Eruptionen basaltischer Flutprovinzen vor 250 Millionen Jahren zu einer starken Klimaerwärmung und waren eventuell Grund für ein Massenaussterben. Andere, neueste Untersuchungen zeigen, dass wiederum die Verwitterung einer solchen magmatischen Großprovinz vor 580 Millionen Jahren der Grund für die damalige „Snowball Earth“ sein könnte. Geht man noch weiter zurück, nämlich in die Zeit des frühen Archaikums vor 4 Milliarden Jahren, waren es vulkanische Gase, die überhaupt erst zur Entstehung der Uratmosphäre geführt haben. So gesehen sind Vulkane Alleskönner. Doch wie lassen sich diese unterschiedlichen Auswirkungen erklären und was bedeuten sie für vergangene und zukünftige Ereignisse?

Ein Ausbruch – und die Folgen in der Atmosphäre

Die durch eine Eruption in die Atmosphäre geschleuderten silikatischen Aschepartikel fallen meist nach wenigen Tagen wieder aus. Grund für die Klimaveränderungen sind stattdessen vulkanische Gase. Volumenmäßig am Bedeutsamsten sind H2O (35-90 Mol %), CO2 (5-50 Mol%), SO2 (2-30 Mol%), HCL und HF.

Der CO2 Ausstoß einer Vulkaneruption ist jedoch zu gering um globale Auswirkungen auf das Klima zu haben. Gefährlich sind stattdessen Halogenradikale, die sich in der Stratosphäre durch Photolyse bilden. Diese können nach unterschiedlichsten Reaktionen katalytisch Ozon abbauen. Nach dem Pinatubo Ausbruch 1991 kam es zu einer starken Abnahme der Ozonschicht.

Abb. 2: Die Grafik verdeutlicht den Klimaeffekt großer Eruptionen. © Max-Planck-Institut

Für die Klimaeffekte nach einem Ausbruch ist jedoch vorallem das freigesetzte Schwefeldioxid entscheidend, sowie die Höhe, in welche die schwefelhaltigen Gase emporsteigen. Während sie aus der Troposphäre schnell wieder ausregnen, können sie sich in der trockeneren Stratosphäre halten und um den ganzen Globus verteilen. Innerhalb weniger Wochen nach einer Eruption können sich dann durch photochemische Oxidation und Reduktion von SO2, H2S und H2O in der Stratosphäre Schwefelsäuretröpfchen bilden (H2SO4). Diese vulkanischen Aerosolschichten können mehrere Kilometer dick sein und sich etwa 3 Jahre in der Stratosphäre halten. Da die Sonnenenergie von den Aerosolen absorbiert wird, erwärmt sich die Stratosphäre, während die verringerte Sonnenstrahlung an der Erdoberfläche zu einer Abkühlung führt. Die planetare Albedo wurde erhöht. Das negative Klimaforcing durch so einen Ausbruch hält jedoch nur kurz an. Die langfristige, anthropogen versurachte Klimaerwärmung kann dadurch nicht aufgehalten werden.

Umso größer der Ausbruch, um so stärker der Klimaeffekt?

Doch was passiert wenn „wieder“ ein Supervulkan ausbricht? Neueste Untersuchungen zeigen, dass der Ausbruch eines Supervulkans (VEI8) wie zB. der des Tobas vor 74.000 Jahren, nicht, wie vermutet einen deutlich größeren Klimaeffekt haben als ein „normaler“ Vulkanausbruch (Tambora 1815, VEI7). Die Menge an freigesetztem Schweffeldioxid ist zwar deutlich größer, durch das vermehrte Zusammenstoßen der Teilchen verklumpen diese jedoch. Die verklumpten Teilchen sind nicht nur schwerer und fallen somit wieder schneller aus der Atmosphäre aus, sie haben auch veränderte Strahlungseigenschaften.

 Abbildung 3 © aus: Brönnimann S, Krämer D, Tambora und das «Jahr ohne Sommer» 1816. Klima, Mensch und Gesellschaft. Geographica Bernensia G90

In der Abbildung 3 oben: Anzahl und Wachstum von Aerosolpartikeln nach den Ausbrüchen von Pinatubo und Tambora. Auswurfmenge Pinatubo: 10km3 Tephra; Tambora: 160km3Tephra. Im unteren Teil der Abbildung wird die Aerosolextinktion (= die Wirkung auf die kurzwellige Strahlung) verglichen.Die Beziehung zwischen der stratosphärischen Sulfatmenge und der Reduktion der kurzwelligen Strahlung ist nicht linear.

Der Klimaeffekt von großen Eruptionen steigt also nicht proportional zur Menge an freigesetztem Schwefeldioxid an. Somit ist die Theorie, dass der Ausbruch des Tobas, der auch als Flaschenhals bezeichnet wird und fast zum Aussterben der Menschheit geführt haben soll, wieder umstritten. Und auch ein gegenwärtiger Ausbruch der aktiven Supervulkane (des Yellowstone, oder der Phlegräischen Felder in Italien) würde zwar in den betroffenen Gebieten tödliche Auswirkungen haben, und auch zu einem vorübergehenden globalen Temperaturabfall führen. Dass es dadurch zu einem Massenaussterben oder einer Eiszeit kommt, ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Flutbasaltprovinzen – magmatische Großereignisse aus der Vergangenheit

Deutlich aus dem Raster fallen jedoch magmatische Großprovinzen. Solche Flutbasalte sind vergangene, magmatische Großereignisse. Sie entstanden beim Auseinanderbrechen kontinentaler Landmassen über einen geologisch kurzen Zeitraum von 1 Millionen Jahren.  Sie fördern bis zu einem Kubikkilometer dünnflüssiger Lava pro Tag, die sich über die Jahre hinweg kilometerdick auf ganzen Kontinenten verteilt. In diesem Zeitraum wird so viel CO2 ausgestoßen, dass es zu einer extremen Klimaerwärmung kommen kann. Bekanntes Beispiel dafür sind die Sibirischen Trapps, die im Zusammengang mit dem Massenaussterben an der Perm/Trias Grenze gebracht werden.

Neueste Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Verwitterung solcher magmatischer Großprovinzen der Atmosphäre wieder so viel CO2 entzieht, dass das Erdklima wenige Millionen Jahre später in eine extreme Kaltzeit kippen kann. So soll eine Großprovinz die sich über damalige Gebiete vom heutigen Mexiko, Nordamerika und Europa erstreckte, vor 580 Mio Jahren zu der Gaskiers-Vereisung (der berüchtigten „Snowball Earth“ ) geführt haben, wo vermutet wird, dass die Erde bis Äquatornähe mit Eis bedeckt war. Da sprechen wir aber von Zeiträumen, die für die Gegenwart nicht relevant sind. Trotzdem bleibt es spannend, denn Vulkanismus und Klima sind sehr eng miteinander verknüpft. Und so können bereits die Folgen der jetzigen Klimaerwärmung zB. das Abschmelzen der Gletscher zu einer Gewichtsverlagerung zwischen Kontinenten und Ozeanen führen und somit zu einer Erhöhung der Vulkanischen Aktivität. Das wiederum könnte weitere Rückkopplungseffekte in Gang setzen.

Quellen: Lühr, B.-G. & C. Timmreck (2018): Vulkane und Klima. In: Lozán, J. L., S.-W. Breckle, H. Graßl, D. Kasang & R., Weisse (Hrsg.) ; https://boris.unibe.ch/83607/2/tambora_d_webA4.pdf; Hans-Ulrich Schmincke, Vulkanismus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2015 ; Max Plank Institut für Meterologie; Geohorizon.de