Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

custom header picture

Madeiras Böden (2019)

Ein Beitrag von Yeliz Akkul

Was ist Boden?

Boden ist das mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetzte, unter Einfluss der Umweltfaktoren an der Erdoberfläche entstandene und eine eigene morphologische Organisation aufweisende Umwandlungsprodukt mineralischer und organischer Substanzen, das in der Lage ist, höheren Pflanzen als Standort zu dienen (Schröder, 1992).

Als Faktoren der Bodenbildung werden alle Einflussgrößen bezeichnet, die die Art, die Intensität und die Dauer der bodenbildenden Prozesse steuern. Die einzelnen Faktoren sind in Abbildung 1 zu sehen.

Abbildung 1Faktoren der Bodenbildung.

Je nach Intensität und Dauer der Einwirkung der Faktoren und Prozesse der Bodenbildung reichen Böden Millimeter bis zu 100 Meter tief unter die Erdoberfläche. Weil die Faktorenkonstellation im Raum variiert, besteht die Pedosphäre aus einem komplexen Muster unterschiedlicher Böden, die unterschiedlich ineinander übergehen. Sie bedingen damit die große Diversität unserer Böden auf der Welt. Die Bodenvielfalt kann durch die Nutzung klassifizierter Bodeneinheiten (z.B World Reference Data Base for Soil Resources (WRB), 1998) beschrieben werden.

Die Böden auf Madeira

Die Insel Madeira ist vulkanischen Ursprungs und stammt aus dem Miozän. Sie besteht im Wesentlichen aus Basalten und pyroklastischen Materialien mit basaltischer Zusammensetzung. Madeira weist eine hohe zentrale Region auf, bestehend aus mächtigen Gebirgsmassiven mit steilen Hängen und hohen Plateaus. Diese Region liegt in Höhen über 1000 m NN und zeigt eine intensive Erosion, die durch physikalische und chemische Verwitterungsprozesse erfolgt. Die Böden Madeiras sind dementsprechend junge Böden vulkanischen Ursprungs und bestehen hauptsächlich aus den Verwitterungsprodukten der Vulkangesteine. Im Allgemeinen sind sie lehmig, sauer (mittlerer pH-Wert von 5,01), reich an organischem Material, Magnesium, Eisen und Phosphor und arm an Kalium (Furtado et al. 1990).

Die in Abbildung 2 abgebildete Bodenkarte stellt die unterschiedlichen Bodentypen Madeiras dar. Die wesentlichen Bodentypen sind Vertisole, Cambisole, Andosole und Leptosole, die sukzessiv von der Küste Madeiras in Richtung Hochland der Insel auftauchen.

Abbildung 2 Bodenkarte Madeira (ISRIC, 1992).

Vertisole – Suptropischer Verwitterungsboden

Vertisole sind dunkle, tonreiche Böden der wechselfeuchten Tropen. Sie zeichnen sich durch eine starke Gefügedynamik (von lat. vertere = drehen, wenden) aus und bilden sich aus basenreichen, tonreichen Sedimenten (> 30 % Ton in allen Horizonten bis 50 cm Tiefe) mit einem hohen Gehalt an verwitterten Mineralen, die quellende und schrumpfende Eigenschaften besitzen (z.B. Smectit).

Vorkommen: Häufiges Vorkommen in Plateaulagen, Talniederungen, Senken und Hangfußbereichen

In tonreichen,
smectitischen Böden können sich in Trockenzeiten bis zu
2,5 m tiefe, mehrere cm breite Schrumpfrisse bilden.

Eigenschaften: Vertisole haben keine deutlichen Horizontgrenzen und bilden sich aus tonreichen Sedimenten, die sich bei Befeuchtung ausdehnen und bei Austrocknung schrumpfen und dabei tiefe Risse und Spalten bilden (siehe links). Sie weisen glänzende Tonbeläge auf ihren scharfkantigen Gefügekörpern (slicken sides) auf, die durch gerichteten Druck während der Quellung erzeugt werden. Sie haben ein ausgeprägtes Bodengefüge in Form von scharfkantigen Polyedern und keilförmigen Prismen. Vertisole begünstigen aufgrund des oberflächlichen Anstehens eines stark plastischen Tons die Ausbildung von Kriechprozessen, weshalb auf der Vulkaninsel Madeira häufig Schäden an Gebäuden und Infrastruktur auftreten.

Beispiel eines durch Kriechprozesse im Untergrund zerstörten Hauses auf Madeira (Schrader, 2013).

Management und Nutzung: Vertisole sind fruchtbar und in eben Lagen gut zu kultivieren. Sie dienen häufig als Weide und Rodungsgebiet, große Gebiete sind jedoch ungenutzt. Die feine Textur und geringe Wasserleitfähigkeit des tonreichen Substrates erklären die oft schlechte Bearbeitbarkeit und die erhebliche Nutzungseinschränkung der Vertisole sowohl unter feuchten als auch unter trockenen Bedingungen. Sie sind dennoch bei richtigem Management und bei angepassten Bearbeitungstechniken (z.B. Verbesserung der Wasserversorgung) produktive Böden und haben ein hohes landwirtschaftliches Potential.

Cambisole (Braunerde)

Cambisole weisen einen humosen Oberbodenhorizont auf, der in der Regel gleitend in einen braun gefärbten Horizont übergeht. Darunter folgt in 25 bis oft erst 150 cm Tiefe der mineralische Untergrundhorizont. Für die Böden dieser Klasse ist der durch Verwitterung verbraunte Horizont kennzeichnend (siehe Link). Sie sind Böden mit einer anfänglichen Horizontdifferenzierung im Unterboden, erkennbar an Änderungen von Gefüge, Farbe oder Tongehalt (von ital. cambiare = sich ändern). Ausgangsgestein sind Materialien mit mittlerer und feiner Bodenart.

Vorkommen: Ebenes bis gebirgiges Gelände

Eigenschaften: In Abhängigkeit vom Ausgangsgestein, der Vegetation, Entwicklungstiefe, dem Ton- und Humusgehalt und dem Versauerungsgrad variieren die Eigenschaften der Cambisole sehr stark. In Madeira gehen Cambisole aus Leptosolen durch Erosions- und Ablagerungsvorgänge hervor. Dies erklärt das Vorkommen der Cambisole in Gebirgsregionen. Für die Verbraunung ist die Silicatverwitterung der Basalte verantwortlich, wodurch basenreiche Cambisole entstehen, die reich an austauschbaren Ca- und Mg-Ionen sind, ein stabiles Gefüge besitzen und oft recht tiefgründig sind.

Management und Nutzung: Der Nutzungswert der Cambisole schwankt in einem weiten Bereich. Cambisole mit hoher Basensättigung sind in der Regel gutes Ackerland und werden in ebenen Lagen intensiv genutzt. Saurere Cambisole sind weniger fruchtbar und werden als Weide und Forst genutzt. Sie lassen sich aber bei ausreichender Düngung und Zufuhr von Wasser vielfach auch sehr gut ackerbaulich nutzen. Auf Cambisolen in welligem oder hügeligem Gelände wird eine Vielzahl ein- und mehrjähriger Kulturen angepflanzt oder sie werden beweidet.

Andosole (Vulkanascheboden)

Andosole sind in Madeira der dominierende Bodentyp. Sie entwickeln sich aus vulkanischen Auswurfprodukten (vornehmlich Aschen, aber auch Tuffe, Bimssteine, Schlacken u.a.) oder aus Gesteinen mit hohen Anteilen an vulkanischen Gläsern. Sie sind häufig tiefreichend humose (von jap. an = schwarz und do = Boden) und chemisch sehr reaktive terrestrische Böden.

Vorkommen: Hügelige bis gebirgige, humide Regionen

Eigenschaften: Die rasche Verwitterung von porösen vulkanischen Auswurfprodukten oder Gläsern führt zur Akkumulation von stabilen organo-mineralischen Komplexen sowie von Mineralen wie Allophan (kugelig) und Imogolit (stengelig). Oberflächennahe Lagen haben hohe Gehalte an organischer Substanz und sind in der Regel sehr dunkel gefärbt. Charakteristisch sind das sehr hohe Porenvolumen, ihre geringe Lagerungsdichte und die sehr hohe Phosphorfixierung, verursacht durch den hohen Gehalt an Allophanen. Andosole sind leicht zu bearbeiten, gut durchwurzelbar und haben hohe Wasserspeicherkapazitäten, weshalb sie günstige Pflanzenstandorte sind.

Querschnitt durch eine Allophankugel.

Bei sehr schneller Anlieferung von Silizium (Si) und Aluminium (Al) aus der Verwitterungslösung der Ausgangs-gesteine (vulkanische Gläser) können sich Tonminerale bilden, die aus einer einzigen Tetraeder-Oktaeder-Doppelschicht bestehen. Diese Doppelschichten sind zu Hohlkugeln (Allophan) oder Röhren (Imogolit) gebogen.

Management und Nutzung: In Madeira sind Andosole auf bergigem Gelände üblich. Sie haben ein hohes Potential für landwirtschaftliche Produktion, besonders jene aus basischen Vulkanaschen, da die Böden nicht nur ein hohes Nährstoffnachlieferungs-vermögen, sondern auch eine sehr günstige Struktur haben. Dennoch kommt es durch Phosphorfixierung häufig zu spezifischen Nährstoffmängeln. Zur Melioration verwendet man unter anderem Kalk, Kieselsäure, organisches Material und Phosphatdünger. Auf Andosolen Madeiras wird eine Vielzahl von Kulturen angebaut, darunter Zuckerrohr, Weizen und Obst.

Leptosole (Festgesteinsboden)

Das höher gelegene Gebirge Madeiras ist durch karge und sehr geringmächtige Böden (von griech. leptos = dünn) gekennzeichnet. Diese Böden gehören zu den sogenannten Leptosolen. Diese sind extrem skelettreiche und sehr flachgründige Böden über kontinuierlichen Felsen aus Basalt und stellen Initialstadien der Bodenbildung dar. Typprägender Prozess ist die Bildung eines geschlossenen Horizontes durch Anreicherung organischer Substanz im Oberboden.

Vorkommen: Meist Gebiete in großer oder mittlerer Höhe mit stark zerklüftetem Relief, besonders in Landschaften mit starker Erosion

Eigenschaften: Leptosole aus basischen Gesteinen sind neutral bis schwach sauer, haben meist mittlere bis hohe Gehalte an Ton und organischer Substanz, haben eine mittlere bis hohe Nährstoffversorgung. und sind gekennzeichnet durch schwache Humusakkumulation. Leptosole verfügen zudem über eine sehr geringe Speicherkapazität für pflanzenverfügbares Wasser.

Management und Nutzung: Leptosole eignen sich für Forstnutzung und in der feuchten Jahreszeit für Beweidung. Erosion ist besonders in den Gebirgsregionen die größte Bedrohung für Leptosol-Gebiete. Leptosole an Hängen sind im Allgemeinen fruchtbarer als jene in ebenen Lagen. An solchen Hängen könnte ggf. hochwertiger Ackerbau betrieben werden, jedoch sind sie schwer erschließbar. Leptosole an Steilhängen mit flachgründigen und steinigen Böden machen es dem Ackerbau damit nicht einfach. Sie sind ohne Befestigung nicht zu nutzen, und für große Landwirtschaftsmaschinen meist gar nicht zu erreichen. Sie wurden erst mittels Terrassierung zugänglich und wurden dann in Ackerland umgewandelt.

Terrassenfelder an einem steilen Hang in Madeira. Sie sind mittlerweile oft nicht mehr bewirtschaftet.

Quellen

  • Furtado A., Madeira, M., Jeanroy, E., 1990: Mineralogy of soils from Madeira Island (Portugal). Solubility of the iron oxides. Sciences Geologiques, 139-149.
  • Scheffer, F., Schachtschabel, P., 2002: Lehrbuch der Bodenkunde, 15. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg, Berlin.
  • Schrader, Joerg, 2013: Untersuchung von Kriechprozessen in stark plastischen Tonböden auf der Atlantikinsel Madeira. – Veröff. 19. Tagung Ing.-Geol. München 2013, 547-551.
  • Schroeder, D., 1992: Bodenkunde in Stichworten, Stuttgart, S.9.