Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

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Tag 3 – 15. März 2019

Ponta de São Lourenço

von Niklas Kornrumpf und Marlena Joppien

Foto: Marlena Joppien

Am dritten Tag der Exkursion wurde eine etwa 7 km lange Wanderung auf der Halbinsel Ponta de São Lourenço östlich der Stadt Caniçal unternommen, um die hier anstehenden vulkanischen Gesteine der zerklüfteten Landschaft genauer zu betrachten. Steile Klippen an den Küsten und mehrere kleinere Felsen im Meer (sogenannte leixões) zeugen von der starken Erosion, insbesondere an der Nordseite der Halbinsel. An diesem Tag erfolgte eine Wanderung vom Startpunkt am Parkplatz bis zum Pico do Furado und zurück zum Ausgangspunkt. Das Casa do Sardinha als Besucherzentrum liegt auf der Tour kurz vor dem Aussichtspunkt auf dem Ponta do Furado und ist die einzige Rastmöglichkeit umgeben mit Palmen.

Zum Ende des Tages wurden zwei Aufschlüsse am Miradouro da Prainha besucht. Die letzten Stationen an diesem Tag zeigten Aufschlüsse mit fossilen Dünen, die entstanden sind als der Meeresspiegel niedriger war und sich oberhalb der Küstenbereiche durch äolischen Transport feinkörniges Sediment abgelagert hat.

Die Ponta de São Lourenço ist der östlichste Teil Madeiras. Sie umfasst mit der schmalen Landzunge außerdem die Inseln llhéu da Cevada and Ilhéu do Farol. Die Wanderung führte entlang der etwa 9 km langen und 2 km breiten Halbinsel bis zur östlichsten Spitze, dem Pico do Furado mit 150 m Höhe, mit einem Blick auf die beiden vorgelagerten Inseln. Die zwei Inseln sind nicht durch Wanderwege erschlossen.
In der Bucht auf der Südseite liegen einige Netzgehege für eine Fischfarm. Auf der Halbinsel existieren seit 2007 sechs Windkraftanlagen, sowie Photovoltaikanlagen.

(Standorte auf der Karte anklicken für weitere Bilder)

Nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt (Standort 1: N32.74305°, W16.70093°) entdecken wir Basalte, die spheroidal verwittert waren. Vom Prozess her ist dies ähnlich einer Wollsackverwitterung und optisch erinnern die Gesteine stark an Pillowbasalte, um die es sich hier jedoch nicht handelte. Das umgewandelte Material bleibt vor Ort und bildet feinkörniges Sediment, das entweder verfestigt oder locker um die runden Basaltkörper vorzufinden ist. Das helle weiße Material besteht aus Calciumcarbonat, da Calcium reichlich im umgebenden Gestein vorkommt und somit die Bildung von CaCO3 begünstigt. Der hier anstehende Basalt stammt aus den letzten vulkanischen Aktivitätsphasen, CVS 1&2.

Etwa 300 m weiter konnten wir ein Lavaflow sehen, der über parallele angeordnete Sedimentschichten geflossen ist (Standort 2: N32.74538°, W16.69932°). Mit Hilfe von Triangulation der Einfallsrichtung wäre es möglich das Eruptionszentrum bzw. den Vulkankegel herauszufinden. Außerdem sind wieder einige schalenförmig verwitterte Basaltstrukturen erkennbar, mit den Verwitterungsprodukten im Umfeld der Basalte.

Mit einem Blick über die südliche Bucht von Ponta de São Lourenço, in der eine Fischfarm betrieben wird, sieht man die Vielzahl und die Mächtigkeiten der intrudierten Gänge in der Westwand der gegenüberliegenden Steilklippe (Standort 3.1: N32.74562°, W16.69843°). Die Dykes der Gangschwärme durchstoßen fast senkrecht die vulkanischen Schichten bis an die Oberfläche.

Ganz in der Nähe des Aussichtspunktes befand sich eine markante Schichtgrenze (Standort 3.2: N32.74562°, W16.69843°). Es konnte jedoch nicht ganz genau geklärt werden, ob es sich tatsächlich um eine Grenze zwischen Dyke und Sedimentgestein handelt, oder ob es sich um Verwitterung der unteren Schichten handelt, die z.B. durch einen Flusslauf erzeugt werden kann. Falls es sich um einen Dyke handelte, war nicht leicht nachzuverfolgen wie das Einfallen des Basaltkörpers liegt, da dieser scheinbar abrupt im Aufschluss endet. Der Aufschluss war schwer zu beurteilen, da nur ein kleiner Ausschnitt zu sehen war.

Am Wegesrand weiter bergauf konnte man ein interessantes Farbenspiel der Gesteine erkennen, so dass wir den Bereich näher untersucht haben (Standort 4: N32.74725°, W16.69773°). Hier lässt sich ein etwa zwei Meter breiter Basaltgang mit angrenzenden Zonen der Kontaktmetamorphose betrachten. In diesen Zonen hat das durch Hitze veränderte Gestein eine deutliche Rotfärbung mit einer parallelen Klüftung zum Gang.

Außerdem waren mehrere Ankaramite zu sehen, einem dem Basanit verwandten Gestein, das sich als Xenolith in der Dyke Intrusion befand. Ankaramit ist ein porphyritischer Basanit mit einem hohen Pyroxenanteil.

Foto: Marlena Joppien

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Basaltgang mit Kontaktmetamorphosezonen links und rechts davon

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Xenolithe im Basalt

Fotos: Niklas Kornrumpf

In einer Wegbiegung (Standort 5: N32.74804°, W16.69782°) stießen wir auf eine Schicht aus fluviatilen Sedimenten, die unter einer pyroklastischen Schicht begraben Lagen. Die Sedimentschicht war deutlich gradiert (unten grobkörnig, oben feinkörnig), während die darüberliegende pyroklastische Lage viele grobkörnige Einschlüsse und sogar Bomben aufwies. Im pyroklastischen Gestein befand sich außerdem ein kleiner Dyke, der durch geomorphologische Bewegungen verformt worden war und einen deutlichen Versatz aufwies.

Fotos: Thorben Amann

Nach einem leichten Abstieg erreichten wir einen Aussichtspunkt (Standort 6: N32.74895°, W16.69762°). Dort, etwa 60 m über dem Meeresspiegel, hatte man Sicht auf einige vom Wellengang freierodierte Dykes. Zur rechten und linken Seite des Aussichtspunktes befanden sich außerdem Steilwände, die ebenfalls von Dykes durchzogen waren.

Überraschend war die Erkenntnis, dass es sich bei dem vertikal stehenden, roten Gestein um Tuff handelte, der von kleineren Gangschwärmen durchzogen war und in dem auch formlose „Lavaklumpen“ zu erkennen waren.

Bei der dunkelgraue freistehende Struktur hinter dem roten Felsen wurde die Vermutung aufgestellt, dass es sich um einen Trachyt-Dyke handelt. Diese sind typisch für die auf der Halbinsel vorzufindende ältere vulkanische Entstehungsphase, CVM 1. Aus der Ferne konnten wir es allerdings nicht mit absoluter Sicherheit bestimmen.

Fotos: Niklas Kornrumpf

Auf dem nächsten Wegstück erstreckte sich eine von Dykes zerfurchte Landschaft vor uns und einige hundert Meter weiter (Standort 7: N32.74990°, W16.69571°) stießen wir auf mehrere “Dyke-Kreuzungen”. Diese entstehen, wenn eine neue Lavaintrusion eine bereits vorhandene, ältere durchbricht. Die im Bild zu sehende Kreuzung ist ein sehr gutes Beispiel, da man gut erkennen kann, dass der schmalere Dyke den breiteren durchstoßen hat. Beim Aufsteigen des jüngeren Dykes wurde außerdem an den Rändern einiges Material des älteren Gesteins “mitgezogen”, so dass es zu linienartigen Strukturen an der Kontaktzone kam. In der Skizze wird dies versucht darzustellen.

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Der Weg geht weiter und immer mit schöner Aussicht …

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… und mehrere Meter mächtigen Dykes.

Fotos: Niklas Kornrumpf

Am Wegesrand (Standort 8: N32.74975°, W16.69370°) befand sich schließlich etwas, das wir an diesem Tag noch nicht gesehen hatten: Schlacke bzw. Scoria. Es handelt sich dabei um ein zähflüssiges Auswurfsgestein, das optisch an ʻAʻā-Lava erinnert.

In diesem Fall befanden sich in der Schlacke zahllose, relativ große Pyroxen-Einschlüsse, die teilweise sogar idiomorph ausgebildet waren.

Unterhalb der Schlacke befand sich gewöhnliches Basaltgestein.

Wir folgten dem Weg eine Treppe hinauf und entdeckten einen Dyke, in dem sich fast perfekte Basaltsäulen ausgebildet hatten (Standort 9: N32.74896°, W16.69238°). Die Basaltsäulen waren horizontal ausgerichtet. Auffällig waren außerdem die blasenartigen Hohlräume im Gestein, die entstehen, wenn in der Lava Gasblasen enthalten sind (siehe Bild), die sich beim raschen Aufstieg des Magmas länglich verformen.

Basaltsäulen

Basaltsäulen prägen sich in einem niedrig viskosen, abkühlenden Magma aus. Sie entstehen durch Schrumpfungsrisse und haben meist die energetisch günstige 5- bis 6-eckige Form. Da das Magma an den äußeren Rändern zuerst abkühlt und im Kern zuletzt, bilden sich die Säulen immer senkrecht zur Fließrichtung. So findet man bei einem Lavaflow vertikale und in einem Dyke horizontale Basaltsäulen .

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sehr gut ausgeprägte Basaltsäulen

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längliche Blasenstrukturen im Basalt

Fotos: Niklas Kornrumpf

Ein gutes Wegstück später und nach der Überquerung eines Engpasses, nahmen wir den Abstieg in eine Bucht und verbrachten dort unsere Mittagspause. Nach der Pause hielt Protokollantin Marlena Joppien das Referat zum Thema Entstehung von Porto Santo, der Nachbarinsel von Madeira, die man während der Wanderung an einigen Aussichtspunkten undeutlich am Horizont ausmachen konnte.

Fotos: Niklas Kornrumpf

Als wir schließlich den westlichsten Punkt der Halbinsel erreichten, waren wir am Ende der Wanderstrecke angelangt. Nun fehlte nur noch der Rückweg …

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Ausblick vom Pico do Furado auf die beiden vorgelagerten Inseln

am Horizont sind die Ilhas Desertas zu erkennen

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Fischfarm in der südlichen Bucht und Caniçal im Westen

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Fotos: Niklas Kornrumpf

Nachdem wir wieder am Startpunkt der Wanderung angekommen waren, fuhren wir mit den Autos zu einem Parkplatz bei Miradouro da Prainha. Dort hielt Maike Artschwager ihr Referat zum Thema Energie- und Wasserversorgung Madeiras.
Östlich unweit des Parplatzes liegt der markante vulkanische Schlackenkegel von Senhora da Piedade (auch genannt Monte Gordo). Von dort aus gingen wir zum nächsten Aufschluss (Standort 10: N32.74431°, W16.71658°).

Fotos: Niklas Kornrumpf

Hier befand sich eine Erhebung aus feinkörnigem, gut sortiertem und äolisch-transportiertem Sand mit gut sichtbarem cross-bedding. Der Salzsäuretest ergab, dass das Sediment kalkhaltig war, und in den Schichten befanden sich kalzifizierte Pflanzenwurzel-Reste.

Es handelt bei dem Aufschluss um eine lithifizierte Düne, die in ähnlicher Form auch auf Madeiras Nachbarinsel Porto Santo zu finden sind. Diese fossilen Dünen werden auch ortstypsich branquerios genannt. Sie bildete sich während der letzten Eiszeit, in der Nordostwinde vorherrschten und Teile der Vulkankomplexe auf der Insel (insbesondere die Paul da Serra) errodiert wurden. Die gefundenen Pflanzenreste stammten von einem lockeren Wald, der ursprünglich auf der Düne wuchs.

lithifizierte Dünen

Bei lithifizierten Dünen – oder auch verfestigten Dünen – handelt es sich um Strukturen aus äolisch transportiertem Sand, der im Nachhinein durch Kalklösung zementiert wurde. Verfestigte Dünen sind ein Anzeichen für kalkhaltiges Sediment und auch ein Anzeiger für zeitweise geringe äolische Transportation.

Fotos: Niklas Kornrumpf

Wir gingen zurück zum Parkplatz und ein Stück den Hang herunter (Standort 11: N32.74345°, W16.71645°), wo sich unter unseren Füßen eine Schicht aus Kalkstein befand, der sich wie eine Kruste auf das darunterliegende Sediment gelegt hatte. Diese Kalksteinkruste war ein Ergebnis der Kalklösung und -auswaschung in den lithifizierten Dünen, weiter oben am Hang. Der ausgewaschene Kalk hatte eine eigenständige Schicht gebildet.

An einigen Stellen konnte man außerdem besonders gut die Kalkablagerung in verzweigten Rinnen betrachten.

Foto: Niklas Kornrumpf

Um das tatsächliche Ausmaß dieser Prozesse noch besser zu begreifen, gingen wir an einen Aufschluss der weiter bergauf an der Straße gelegen war. Dort konnte man die imposante Mächtigkeit der Kalkausfällungen deutlich sehen.

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Fotos: Thorben Amann, Niklas Kornrumpf

Mit diesem letzten Aufschluss war der dritte Exkursionstag beendet.

Literatur

Wikipedia-Eintrag: Ponta de São Lourenço

Van den Bogaard, P.; Hoernle, K.; Wohlgemuth-Ueberwasser, C. (2009): Structure and evolution of the volcanic rift zone at Ponta de São Lourenço, eastern Madeira, Bulletin of Volcanology 71, pp. 671-685.

Ribero, M.L.; Ramalho, M.M. (2010): A Geological tour of the Archipelago of Madeira, ISBN: 978-989-675-008-4, Lisbon, pp. 92.

Burton, C. J.; MacDonald, J.G. (2008): A field guide to the Geology of Madeira, The Geological Society of Glasgow, ISBN: 978-0-902892-11-8, Glasgow, pp. 120.