Geowissenschaftliche Madeira Exkursion

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Tag 1, 12.März 2020

Madeira, erster Exkursionstag

Von Kei Yin Ngan und Joely Marie Maak

Meteorologische Bedingungen am ersten Exkursionstag

  • Wolkenbedeckung: sonnig bis heiter
  • Durchschnittstemperatur: 22 °C
  • Windgeschwindigkeit: 27 km h-1 aus NNO
  • Luftfeuchte: 60 %
  • Luftdruck: 1022 mbar

Geologische Übersicht von Madeira & Funchal

Abbildung 1: Übersichtskarte von der Geologie auf Madeira, Aufschluss-/Treffpunkte sind im südlichen Teil der Insel (Funchal) zu sehen. Verwendet wurde QGIS3.12. Geologische Karte basierend auf Brum da Silveira et al. (2010) und der Hintergrund von Google Satellite.
Abbildungsverzeichnis [1].
Abbildung 2: Geologische Übersicht der Aufschluss-/Treffpunkte in Funchal am Tag 1 unserer Exkursion. Verwendet wurde QGIS3.12. Geologische Karte basierend auf Brum da Silveira et al. (2010) und der Hintergrund von Google Satellite.
Abbildungsverzeichnis [2].

Standort 1 (001); 12.03.2020; 09:40 Uhr; N 32.63628; W 016.93389 (+/- 4 m)

Nach der ersten Begrüßung auf der Insel Madeira erhielten wir Informationen zur Gestaltung des Blogbeitrages und unserer Vorträge. Wir besprachen die Grundlegende Geologie Madeiras und die Gesteinsvorkommen: vor allem Pyroklastische Gesteine und Basalte. Die geologischen Komplexe lauten wie folgt (vgl. Tabelle 1):

Nach Zbyszewski et al. (1975) ist das älteste Gestein auf Madeira der basale Komplex β1 , darauf folgt der mittlere Komplex β2-4 und der jüngste geologische Komplex β5. Brum da Silveira et al. (2010) hat die Komplexe umbenannt. Nach diesem ist der Basiskomplex CVI „Complexo Vulcânico Inferior“, ist 1,8 bis 5,57 Ma alt und zeigt sich in São Vicente und Porto da Cruz. Danach CVM „Complexo Vulcânico Médio“ ist 7.000 a bis 1,8 Ma alt. Die jüngste Gesteinsschicht ist das CVS „Complexo Vulcânico Superior“ und beinhaltet das Gestein, welches jünger als 7.000 Jahre ist. Es umfasst meist Lavaströme, die auf der ganzen Insel verteilt worden sind (Ramalho et al., 2015). Diese Schicht ist stark durch Wasserflüsse erodiert (Ramalho et al., 2015). Heute befinden wir uns den ganzen Tag in der jüngsten geologischen Einheit von Madeira: CVS 2 (Funchal Einheit) (vgl. Abbildung 1 und 2). Näheres hierzu unter “die Geologie von Madeira“.

Tabelle 1: Geologische Komplexe auf Madeira nach Ramalho et al. (2015). Interessant hierzu ist auch “Typische Minerale und Gesteine in Vulkangebieten“.

Epiklastische Ablagerung: Verwittertes oder erosiv überprägtes Gestein (vulkanisch oder nicht vulkanisch) welches durch Schwerkraft, Luft, Wasser oder Eis vom Ursprungsort entfernt wurde (Schmid, 1981).

Standort 2 (002); 12.03.2020; 10:33 Uhr; N 32.63645; W 016.93441 (+/- 3 m)

Am ersten Aufschluss angekommen finden wir eine ca. 8 bis 10 m breite und ungefähr 3 m mächtige Basaltabfolge. Der Aufschluss zeigt einen massiven Basaltflow, welcher hangabwärts geflossen ist. Dieser ist beim Abkühlen kaum differenziert und bildet nur schwache Strukturen und Abkühlungsrisse (Abbildung 3). Basalt bildet sich aus einer sehr heißen Ausgangslava (von 1000 bis 1100 °C). Nach Bowens Reaktionsreihe handelt es sich bei dem Basalt um ein mafisches Gestein. Dieses besteht vor allem aus einer Mischung von Eisen- und Magnesium-Silikaten mit Olivin und Pyroxen, sowie calciumreichem Feldspat (Plagioklas). Mehr zu Bowens Reaktionsreihe und typischen Mineralen und Gesteinen in Vulkangebieten finden Sie hier. Interessant ist auch das Glossar zu der Geologie auf Madeira. Dieser Aufschluss ist als Aufschluss 1a auf Seite 43 in dem Buch von Burton und MacDonald (2008) kurz erklärt.

Abbildung 3: Basaltflow am ersten Aufschluss des Tages. Der Basaltflow ist etwa 3 m mächtig. In 3B ist eine nähere Ansicht dargestellt. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).

Standort 3 (003); 12.03.2020; 10:40 Uhr; N 32.63669; W 016.93518 (+/- 5 m)

Weiter am Meer entlang befindet sich der dritte Standort und der zweite Aufschluss an dem heutigen Tag. Hier finden sich dicke, geschichtete Tuff-/Vulkanaschelagen. Es handelt sich um den Aufschluss 1b auf der Seite 43 in dem Buch von Burton und MacDonald (2008). Diese Vulkanaschelagen sind typisch für explosive vulkanische Aktivität, wenn Lava und vulkanisches Material mehrere hundert Meter in die Luft geschleudert wird und sich folgend um den Kegel herum legt (Burton und MacDonald, 2008). Je nach Größe der Gesteinsbrocken befinden wir uns näher oder ferner von dem Ausgangsort entfernt. Die Schichtung an dem Aufschluss ist nicht sortiert. Die enthaltenen Korngrößen sind Kies, Sand und Silt. Das Material hat innerhalb der einzelnen Lagen ein sogenanntes „fining upward“. Dies ist auf eine Materialänderung der Quelle zurückzuführen. Allgemein ist die Gesteinsschicht eher bräunlich bis grau gefärbt, hat durch die Nähe des Meeres und die aufgewirbelte Gischt aber auch starke Salzablagerungen die den weißen Belag auf dem Gestein erklären (Abbildung 4). In Abbildung 4B kann man helle Adern in dem Gestein sehen. Diese Adern reagieren positiv auf einen Salzsäuretest und lassen sich demnach als Karbonat identifizieren. Das Karbonat hat sich aus Feldspäten und Pyroxenen gelöst.

Interessanter Fakt: Die Lösung des Karbonates ist auch für die Klimaforschung wichtig. Auf Island gibt es Forschungsansätze (“CarbFix 2“) für die Einführung von kohlensäurehaltigem Wasser in 700 m tiefem Basalt. Die Kohlensäure (H2CO3) fällt als Karbonat aus und liegt dann geologisch stabil vor. Auf diesem Weg können etwa 135 kg Kohlenstoffdioxid (CO2) täglich aus der Atmosphäre gezogen werden.

Abbildung 4: Tufflagen; B: Karbonatische Adern im Gestein. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).

Standort 4 (004); 12.03.2020; 11:01 Uhr; N 32.63652; W 016.93604 (+/- 3 m)

Dieser Standort ist sehr ähnlich wie der vorige. Abbildung 5 zeigt den Beginn des Aufschlusses. Hier befinden sich sehr ähnliche Tufflagen wie schon in Abbildung 4 gezeigt. Auf diesen hat bereits eine Bodenbildung stattgefunden. Die Bodenbildung zeigt eine typische rötliche Farbe, welche neben dem vulkanischem Ausgangsgestein auf den Bodentyp „Andosol“ hinweisen könnte. Der Andosol wird nach WRB (2015) definiert:

Als ein Boden mit mehreren „andic“ oder „vitric“ Schichtabfolgen. Diese müssen in entweder

  1.  ≥ 30 cm Mächtigkeit innerhalb von 25 bis 100 cm von der Bodenoberfläche, oder
  2. ≥ 60% (bezogen auf das Volumen) der gesamten Bodendicke vorliegen

Dabei steht:

  • „Vitric“ für mehr als 10% Vulkanisches Glas oder anderes Vulkanisches Material
  • „Andic“ für mehr als 10% Verwitterungsprodukt: Resultat von einem mittleren Verwitterungsprozess pyroklastischer Gesteine

Da wir uns in diesem Bereich in geringen Höhenmetern befanden, kann jedoch nicht unbedingt von einem Andosol ausgegangen werden. Auch möglich wäre ein Cambisol, in Deutschland nach der KA5 (2005) als “Braunerde” bezeichnet.

Weitere Informationen zum Andosol und der generellen Verteilung der Böden: “Böden auf Madeira“.

Abbildung 5: Bodenbildung auf Tephraabfolge. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).

Unten links in Abbildung 5 kann man den Beginn von massiven Basaltschichten erkennen. Dieser Aufschluss befindet sich in Burton und MacDonald (2008) auf Seite 43 als Aufschluss 1c. Die Basaltschichten befinden sich unterhalb der Tuff/ Aschelagen, weisen eine Schrägschichtung auf und werden zu den Rändern hin „bröckelig“ (Abbildung 6). Diese Art der Schichtung ist dadurch zu erklären, dass der Lavastrom erst als dünnflüssige Lava abgekühlt ist und dann beim Abkühlen an der Oberfläche, welche zu der Luft gewandt ist, zähflüssiger wird. Dabei wird die Ursprungslava in ʻAʻā-Lava umgewandelt. Bei dem Erstarren der ʻAʻā-Lava entstehen bröckeligen Formationen wie in Abbildung 6 (und als Vergleich: Abbildung 7) gezeigt. Jede Schicht zeigt eine neue Generation von Basalten. Die bröckeligen Formationen der ʻAʻā-Lava werden in Burton und MacDonald (2008) auch als sogenannte “Schweißschlacke” (eng. “scoria“) bezeichnet. Diese Schweißschlacken bilden sich in Lavafontänen aus einem Sprühnebel von Klumpen gasbeladener, flüssiger Lava (Burton und MacDonald, 2008). Die Lavaklumpen verfestigten sich folgend zu Aschenmaterial, das sich an den Seiten des Kegels ansammelt und periodisch den Hang hinunter stürzt (Burton und MacDonald, 2008).

Abbildung 6: Basaltschichtung am Standort 4. Zwischen den verschiedenen einzelnen Schichten kann man die bröckeligeren Anteile der Lava erkennen. A: komplette Abfolge an dem Aufschluss; B: Nähere Ansicht der bröckeligen ʻAʻā-Lava-Anteile. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).
Abbildung 7: Blocklavafeld am Mt Cameroon (Afrika) (Quelle © Wikipedia “ʻAʻā-Lava” zuletzt aufgerufen am 15.04.2020).
Abbildungsverzeichnis [7].

Die dünnflüssig abgekühlte Lava enthält eine Vielzahl an eingeschlossenen Luftblasen. Die Blasenbildung ist ein Indikator für niedrige Viskosität der Lava während der Erstarrung. Die Gasblasen sind meist elliptisch und zeigen die Ausflussrichtung an. In Abbildung 8 können die einzelnen elliptischen Blasen im Gestein genauer betrachtet werden.

Abbildung 8: Blasenbildung in der Basaltlava. A: grober Überblick über eine größere Menge an Blasen; B: größere elliptische Blasen in einer Nahansicht. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).

Nach den ersten drei Aufschlüssen an diesem Tag gingen wir zurück zu dem ersten Treffpunkt.

Rückweg: Standort 1 (001); 12.03.2020; 09:40 Uhr; N 32.63628; W 016.93389 (+/- 4 m)

Zurück am ersten Treffpunkt der Exkursion hielten 5 Studenten Ihre Vorträge:

Finja Stoldt konnte uns mit ihrem Thema „Plattentektonik und Vulkane“ den Aufbau der kontinentalen und ozeanischen Platte sowie ihre Bewegungen auf der Erde (Divergenz, Konvergenz, Transformstörungen) näher bringen.

Christoph Brendel und sein Thema „Vulkanismus im System Erde“ hat uns den Einfluss von vulkanischer Aktivität auf die verschiedenen Sphären (Hydrosphäre, Biosphäre, Kryosphäre und Atmosphäre) näher erklärt.

Ronja Dörnfeld mit ihrem Thema „Typische Minerale und Gesteine (Vulkane)“ erklärte uns den Zusammenhang zwischen der Chemie und Temperatur der Magma und den dabei entstehenden Kristallen.

Carola Hincke erklärte uns die generelle „Entstehung [von] Madeira (Geologie)“ sowie die verschiedenen geologischen Komplexe, welche auf der Insel zu finden sind.

Jonas Ruß und sein Thema „Verwitterung und Wasserqualität Madeira“ zeigte uns die interessante Wasserverteilung auf Madeira und welche Einflüsse es auf Madeira auf die Verwitterung gibt.

Nach den Vorträgen haben wir uns langsam auf den Weg zu dem Botanischen Garten in Funchal gemacht.

Standort 5 (005); 12.03.2020; 14:45 Uhr; N 32.64325; W 016.91526 (+/- 4 m)

Auf dem Weg zu dem Botanischen Garten, neben dem Christiano Ronaldo Museum gelegen, findet sich der vierte und letzte Aufschluss des Tages. Hier finden sich mächtige Basaltabfolgen, welche unten plattiger und schließlich bröckelig (ʻAʻā-Lava) werden (Abbildung 9A und B). Die Abkühlung der Basalte führt zu einem Schrumpfvorgang. Dieser führt zu Spannungen im Gestein und den abgebildeten Abkühlungsrissen. Der Aufschluss ist in Burton und MacDonald (2008) als Aufschluss 1d auf Seite 44 kurz erläutert.

Abbildung 9: Mächtige, ca. 20 m hohe Abfolge von Basalten mit einem Übergang zu einer ʻAʻā-Lava. In 9B ist eine nähere Ansicht dargestellt. Foto: Joely Maak (Lizenz: CC BY-SA 4.0).

Standort 6 (006); 12.03.2020; 17:10 Uhr; N 32.66217; W 016.89612 (+/- 4 m)

Im Botanischen Garten angekommen erkundeten wir erst das kleine Museum, sowie die enorme Pflanzenvielfalt.

Am Ende des ersten Exkursionstages hielten noch zwei Studenten die beiden letzten Vorträge des Tages:

Joely Maak und ihr Thema „Böden auf Madeira“ zeigte uns die Bodenverteilung auf Madeira und welche Besonderheiten es auf dieser Insel gibt.

Samantha Brose mit ihrem Thema „Ökologie/Klima Madeira“ hat uns mit ihrem Vortrag in die Diversität und Artenvielfalt auf dem Standort Madeira eingeführt.

Literatur

Ad-hoc-AG Boden/ KA5, 2005. Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Aufl., Hannover.

Burton, C.J., MacDonald, J.G., 2008. A Field Guide to the Geology of Madeira. Geological Society of Glasgow. ISBN: 9780902892118. Supplement.

Brum da Silveira, A., Madeira, J., Ramalho, R., Fonseca, P., Prada, S., 2010. Carta Geológica da Ilha da Madeira. Edição: Secretaria Regional do Ambiente e Recursos Naturais, Governo Regional da Madeira, Região Autónoma da Madeira e Universidade da Madeira.

IUSS Working Group WRB, 2015. World Reference Base for Soil Resources 2014, update 2015 International soil classification system for naming soils and creating legends for soil maps. World Soil Resources Reports No. 106. FAO, Rome. ISBN: 978-92-5-108370-3.

Ramalho, R., Brum da Silveira, A., Fonseca, P., Madeira, J., Cosca, M., Cachão, M., Fonseca, M., Prada, S., 2015. The emergence of volcanic oceanic islands on a slow-moving plate: The example of Madeira Island, NE Atlantic. Geochemistry Geophysics Geosystems. 16, 522–537.

Schmid, R., 1981. Descriptive nomenclature and classification of pyroclastic deposits and fragments: Recommendations of the IUGS Subcommission on the Systematics of Igneous Rocks. Geology, Vol. 9, 41–43.

Zbyszewski, G., 1975. Carta Geológica de Portugal (1/50000), Notícia Explicativa das Folhas A e B da Ilha da Madeira. Serv. Gol. Portugal, Lisboa, 53 p.

Abbildungen

Abbildung 1 und 2: GIS Daten zu der geologischen Karte von Madeira: GeoPortal da regiao autonoma da Madeira, Licensed to: DROTA-Regional direction for spatial planning and environment
Hintergrund: Google Satellite (Bilder (c) 2020 TerraMetrics, Kartendaten (c) 2020).

Abbildung 7: Blocklavafeld am Mt Cameroon (Afrika) Von Marco Schmidt [1] – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1843684